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Witwen- und Witwerrenten der AHV: Eröffnung des Vernehmlassungsverfahrens
Die Hinterlassenenleistungen sollen auf die Betreuungs- und Erziehungszeit ausgerichtet und unabhängig vom Zivilstand der Eltern gewährt werden
Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 8. Dezember 2023 den Entwurf für eine Teilrevision der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) zur Anpassung der Witwer- und Witwenrenten in die Vernehmlassung geschickt. Die Hinterlassenenleistungen sollen auf die Betreuungs- und Erziehungszeit ausgerichtet und unabhängig vom Zivilstand der Eltern gewährt werden. Die laufenden Renten von über 55-jährigen Witwern und Witwen werden weiter ausgerichtet. Für jüngere Personen wird der Anspruch auf zwei Jahre begrenzt. Das Ziel der Vorlage ist es, die vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) festgestellte Ungleichbehandlung von Witwern und Witwen zu beseitigen und die Hinterlassenenrenten an die gesellschaftliche Entwicklung anzupassen. Weiter soll dem Finanzierungsbedarf der AHV und dem Auftrag zur Sanierung der Bundesfinanzen Rechnung getragen werden. Die Vernehmlassung dauert bis zum 29. März 2024.
2022 stellte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in einem Urteil in Bezug auf die Schweiz eine Ungleichbehandlung der Geschlechter bei den Hinterlassenenrenten fest, da Witwen Anspruch auf eine lebenslange Rente haben, Witwer hingegen nur bis zur Volljährigkeit des jüngsten Kindes. Bis zur Anpassung der gesetzlichen Grundlagen gilt seit dem Urteil eine Übergangsregelung, die für Witwer eine lebenslange Rente vorsieht, wie sie Witwen in der gleichen Situation zusteht.
Gleichbehandlung und Anpassung an die gesellschaftliche Entwicklung
Die Revisionsvorlage des Bundesrates korrigiert die Ungleichbehandlung von Männern und Frauen auf eine für die Betroffenen sozialverträgliche Weise. Die Revision ermöglicht es, die Anspruchsvoraussetzungen an die gesellschaftliche Entwicklung anzupassen. Das seit den Anfängen der AHV bestehende System der Witwenrenten entspricht nicht mehr der heutigen gesellschaftlichen Realität.
Die Revisionsvorlage zielt darauf ab, Hinterbliebene in der Übergangsphase nach einem Todesfall oder solange sie unterhaltsberechtigte Kinder haben vorübergehend zu unterstützen. Zudem wird Personen Rechnung getragen, die durch die Verwitwung armutsgefährdet sind, darunter insbesondere ältere Personen. Ausserhalb dieser prekären Lebensphasen ist es nicht mehr gerechtfertigt, ohne Berücksichtigung der finanziellen Situation der Versicherten lebenslange Renten auszuzahlen.
Anspruch auf Leistungen bei Verwitwung nach Inkrafttreten der Gesetzesänderungen
- Hinterlassenenrente für Eltern bis zum vollendeten 25. Altersjahr des jüngsten Kindes, unabhängig vom Zivilstand der Eltern; Ausrichtung über das vollendete 25. Altersjahr hinaus, wenn ein erwachsenes Kind mit Behinderung betreut wird und dafür ein Anspruch auf Betreuungsgutschriften der AHV besteht;
- Übergangsrente während zwei Jahren bei Verwitwung zur Unterstützung von Hinterbliebenen ohne unterhaltsberechtigte Kinder. Das gilt für verheiratete Paare sowie für geschiedene Personen, die von der verstorbenen Person einen Unterhaltsbeitrag erhielten.
- Unterstützung im Rahmen der Ergänzungsleistungen (EL) für Witwen und Witwer, die das 58. Altersjahr vollendet und keine unterhaltsberechtigten Kinder mehr haben, sofern der Tod einen Armutsfaktor darstellt;
- In der Unfallversicherung: Gewährung einer Rente auch für Witwer, wenn sie beim Tod der Ehefrau Kinder haben, die keinen Rentenanspruch mehr haben, oder die Person das 45. Altersjahr vollendet hat.
Bei Inkrafttreten der Gesetzesänderungen bereits laufende Witwen- oder Witwerrente
- Beibehaltung der laufenden Renten für Witwen und Witwer, die bei Inkrafttreten das 55. Altersjahr vollendet und keine unterhaltsberechtigten Kinder mehr haben; Renten für Witwen und Witwer unter 55 Jahren werden innerhalb von zwei Jahren ab Inkrafttreten der Änderung (Übergangsbestimmung) aufgehoben;
- Beibehaltung der laufenden Renten für Witwen und Witwer, die bei Inkrafttreten das 50. Altersjahr vollendet haben und Ergänzungsleistungen zur AHV und IV beziehen (Übergangsbestimmung);
Von der Reform nicht betroffen ist der Anspruch auf eine Witwen- und Witwerrente der beruflichen Vorsorge, da in diesem Bereich keine Ungleichbehandlung zwischen Männern und Frauen besteht. Die Rente wird grundsätzlich bis zum Tod oder zur Wiederverheiratung des hinterlassenen Ehegatten gezahlt. Viele Vorsorgeeinrichtungen sehen bereits heute Hinterlassenenleistungen für Personen vor, die für den Unterhalt eines gemeinsamen Kindes aufkommen. Diese reglementarischen Leistungen erlauben es, die heutigen Lebensmodelle zu berücksichtigen.
Die Reform trägt dem Finanzierungsbedarf der AHV und dem Bundeshaushalt Rechnung. Bei einem Inkrafttreten der Reform 2026 wird das neue System 2035 seine volle Wirkung entfalten, mit Einsparungen von rund 720 Millionen Franken in der AHV und rund 160 Millionen Franken für den Bund. Die Vernehmlassung dauert bis zum 29. März 2024.
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