Religion
Wer sind die Dschihadisten aus Makedonien, die neuestens von sich reden machen?
Zahlreiche makedonische Staatsbürger islamischen Glaubens gehören bewaffneten Gruppen in Syrien an, die gegen das Regime von Bashar Al-Assad kämpfen.
Bis jetzt haben vier junge Männer aus Makedonien ihr Leben als Angehörige bewaffneter aufständischer Gruppen verloren, doch besteht der Verdacht, dass es noch weitere Opfer gibt.
Die Ermordung dreier türkischer Polizisten im Süden Anatoliens durch Dschihadisten aus Makedonien und Kosova zog die öffentliche Aufmerksamkeit auch in Makedonien erneut auf dieses Thema.
Muhamed Zekiri, ein 18-Jähriger aus Ohër, und Bunjamin Imeri von Gërçec, einem Dorf bei Skopje, sind gemeinsam mit dem kosovarischen Staatsbürger Çëndrim Ramadani die Urheber des Mordanschlags.
Wer sind die beiden Dschihadisten aus Makedonien?
Muhamed Zekiri ist ein 18-Jähriger aus Ohrid, der noch als Minderjähriger nach Tirana gegangen sein soll, um in der dortigen Madrasa Theologie zu studieren. Wie albinfo.ch in Erfahrung brachte, soll es sich bei ihm um den Sohn der Familie Zekiri handeln, die vor ein paar Jahren aus dem Dorf Tatesh nach Ohrid umgezogen war.
Wie das Muftiat von Ohër betont, ist ihm nicht viel bekannt über Muhamed, denn jene Schüler, die an der Madrasa von Tirana studieren gingen, täten dies auf private Weise und ohne jegliche Einmischung oder Registrierung durch die Glaubensinstitutionen Makedoniens.
Die Familie Muhamed Zekiris lebt eingeschlossen in ihrem Haus; hier bewegt sich nichts.
Aber auch seine Nachbarn in Ohrid betonen, ihn nicht zu kennen, da er das Haus schon in jungem Alter verlassen habe.
Das Innenministerium sagte betreffend die beiden makedonischen Staatsbürger, diese seien im Register des Innenministeriums wenig bekannt.
Ministeriumssprecher Ivo Kotevski erklärte gegenüber albinfo.ch, dass der 18-jährige Muhamed Zekiri laut Informationen im Alter von 16 Jahren nach Syrien gegangen sei und sich dschihadistischen Gruppen angeschlossen habe.
„Wir verifizierten die Angaben über den Verdächtigen und sandten alle Informationen den türkischen Behörden für die weiteren Ermittlungen“, sagte Kotevski, und unterstrich, dass sein Ministerium in Kontakt mit den türkischen Behörden stehe.
Der 1995 geborene Muhamed Zekiri war mehrere Male Richtung Syrien gereist, das erste Mal 2010, und er hielt sich dort über ein Jahr lang auf. Auch die Reise Ohër – Tirana hatte er oft gemacht, was auch das Innenministerium belegen kann.
Im Fall des zweiten Attentäters, Bunjamin Iseni, der von türkischen und europäischen Medien als Benjamin Hu, chinesischer Herkunft, identifiziert wird, verfügt das Ministerium über keine weiteren Details.
Wer ist Benjamin Iseni, bekannt als Benjamin Hu? Nach vertraulichen Informationen von albinfo.ch handelt es sich um den 18-jährigen Benjamin Iseni aus dem Dorf Gërçec bei Shkup, deutscher Staatsbürgerschaft, Sohn von Nimetulla Imeri, der letztes Jahr bei Kämpfen in Syrien ums Leben gekommen war, wo er dschihadistische Truppen gegen das Regime von Bashar Al-Assad unterstützt hatte.
Benjamin verwendet den Nachnamen Hu, weil seine Mutter chinesischer Herkunft, jedoch muslimischen Glaubens, ist. Diese Familie lebte in Berlin. Er war ab seinem 16. Altersjahr in Syrien und reihte sich dort in die Dschihadgruppen aus Albanien, Kosova und Makedonien ein, die im türkisch-syrischen Grenzgebiet kämpften und operierten. Benjamin wurde letztes Jahr einer grösseren Öffentlichkeit bekannt im Zusammenhang mit der Information, er sei mit seinem Vater im Moment, als jener getötet wurde, zusammen gewesen und selbst bei dem Angriff verletzt worden.
Die zwei jungen Dschihadisten Zekiri und Iseni waren Mitglied der radikalsten Gruppe, des ‘Jabha al Nusra’, der eng mit dem terroristischen Netzwerk der Al-Kaida verbunden ist.
Organisiert nach Syrien geschickt?
Eine Quelle aus religiösen Kreisen in Skopje sagte zu albinfo.ch, dass solche Gruppen, die in den Krieg nach Syrien zögen, hauptsächlich aus wahhabistischen Sekten stammten.
„Sie sind organisiert und reisen über Skopje in die Türkei, und über dortige Vereinigungen dieser Sekten gehen sie weiter nach Syrien. Die Kämpfer aus Makedonien schliessen sich den Reihen der Rebellen der beiden Gruppen Al Nusra und Isil an, die im Verdacht stehen, Verbindungen zur Al-Kaida zu haben und die unterdessen auch von der grössten Rebellengruppe, Jabal al-Zawaiya, bekämpft werden. Jabal al-Zawaiya ist eine demokratisch orientierte Allianz und geniesst internationale Unterstützung. Nach zahlreichen Informationen kommt es zu Kämpfen zwischen diesen Rebellengruppen. Bis jetzt gibt es Berichte über vier Tote aus Makedonien, doch es besteht der Verdacht, dass es mehr sein könnten“, äusserte sich ein Angehöriger der islamischen Gemeinschaft, der anonym bleiben möchte, gegenüber albinfo.ch.
Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Makedonien (BFIM) kommentiert diesen Fall, der die öffentliche Aufmerksamkeit erneut auf die salafistischen Gruppen in Makedonien lenkte, nicht. „Wir befassen uns nicht mit solchen Fällen und es ist nicht unsere Aufgabe, sie zu kommentieren. Wir überlassen die Beurteilung den Institutionen, die für die Untersuchung verantwortlich sind“, betonte der Sprecher der BFIM, Abaz Islami, gegenüber albinfo.ch.
Doch wiederholte er noch einmal die Botschaft Sulejman Rexhepis, des Präsidenten der Islamischen Glaubensgemeinschaft. Dieser hatte sich vor einigen Wochen an die Bürger islamischen Glaubens in Makedonien gewandt mit der Aufforderung, nicht nach Syrien kämpfen zu gehen.
„Das Phänomen der Teilnahme makedonischer Staatsbürger am Krieg in Syrien kann nicht kontrolliert werden, denn die Reise dorthin findet individuell statt, nicht über irgendeine Institution“, hatte er dabei betont.
Laut ihm bestehen viele Zweifel in der Frage, wo sich die freiwilligen Kämpfer aus Makedonien engagierten.
„Es heisst, sie solidarisierten sich mit dem syrischen Volk, das daran sei, sich von einer schrecklichen Diktatur, die in Syrien herrsche, zu befreien, doch wie es scheint, sind hier auch Zweifel angebracht. Ob ein anderes Motiv oder Interesse besteht, ist eine andere Frage, dies ist anzunehmen, sicher ist es jedoch nicht, denn wir haben keine Argumente oder Fakten“, erklärte Rexhepi.
Die Syrienfreiwilligen sind zum Thema politischer Diskussionen geworden
Eine der Regierungskoalition in Shkup angehörende politische Partei schlug vor, dass gegen Bürger, die in ausländischen Konflikten, wie jüngst in Syrien, kämpften, Strafmassnahmen ergriffen werden sollten.
Diese Initiative stammt vom Abgeordneten und Präsidenten des Demokratischen Bundes in Makedonien (LDM), Pavle Trajanov, der verlangte, dass auf der Basis des Strafgesetzes Sanktionen gegen alle Teilnehmer an ausländischen Konflikten erhoben werden sollten. Laut ihm gibt es entsprechende Initiativen in Bosnien-Herzegowina und in Serbien, und es sei zu erwarten, dass eine solche auch in Kosovo zur Anwendung komme.
Die staatlichen Behörden veröffentlichten keine Schätzungen und Zahlen darüber, wie viele makedonische Bürger sich im Krieg in Syrien engagierten.
Die erwarteten Strafmassnahmen sehen Gefängnisstrafen von einem bis zu fünf Jahren vor.
In der Türkei fand jüngst eine Verhaftungsoperation statt, und es besteht der Verdacht, dass die türkische humanitäre Organisation IHH involviert sei, welche, wie es heisst, Albaner in den Krieg nach Syrien schickte. Doch die Organisation kommentierte die Anschuldigungen nie.
Nach inoffiziellen Informationen nehmen über 100 Personen aus Makedonien, Serbien, Kosovo, Albanien und Bosnien am Krieg in Syrien teil.
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