Kosova
Was rechtzeitige Unterstützung von frauengeführten Unternehmen bewirkt
Der Beitrag des Kosovo für die 94. Oscar-Verleihung am 27. März 2022 in Los Angeles – der Spielfilm «Hive» – erzählt eine Geschichte von Tapferkeit, Solidarität und Wiederaufbau. Es ist die wahre Geschichte von Fahrije Hoti, der Gründerin der landwirtschaftlichen Genossenschaft Krusha im Kosovo. Was aus der Not heraus begann, um den Lebensunterhalt der Kriegswitwen und -waisen im Dorf zu sichern, ist heute ein erfolgreiches, zu 100% von Frauen geführtes Unternehmen, das seine Produkte in über 200 Geschäften im Kosovo verkauft und in mehrere europäische Länder, einschliesslich der Schweiz, exportiert. Swisscontact ermöglichte der Kooperative den Bezug von Beratungsleistungen und den Kauf von neuen Maschinen für die Produktion
Eine frisch geteerte Nebenstrasse im Süden des Kosovo führt zu den neu eingeweihten Produktionsstätten einer der stärksten Marken des Landes: Kooperativa Bujqësore (KB) Krusha – die Agrargenossenschaft Krusha. Es begann im Jahr 2005, als Fahrije Hoti eine Vereinigung für die Kriegswitwen ihres Dorfes gründete, um sich gegenseitig beim Wiederaufbau ihrer Lebensgrundlagen zu helfen. Sie begannen mit dem, was sie am besten kannten und ihr ganzes Leben lang getan hatten: Ajvar – eine rote Paprikapaste und Grundzutat der traditionellen Küche des Kosovo – und eingelegtes Gemüse herzustellen.
Im Jahr 2010 meldete Fahrije Hoti die landwirtschaftliche Genossenschaft als Unternehmen an und begann mit der Produktion grösserer Mengen, hauptsächlich für den Exportmarkt. Das Logo – die Zeichnung einer Frau in traditioneller Kleidung, die rote Paprikas hält – bildet alles ab, wofür diese Genossenschaft steht.
Zunächst verwaltete Fahrije die Produktion in kleineren Räumlichkeiten, die mit Mitteln der internationalen Zusammenarbeit der Schweiz modernisiert worden waren. Als die Nachfrage stieg, wurden grössere und modernere Anlagen benötigt. Im Jahr 2021 weihte Fahrije die neue Fabrik ein, die mit EU-Geldern und der Unterstützung von Freiwilligenorganisationen gebaut worden war. Die Fabrik bietet hervorragende Arbeitsbedingungen für die über 75 Frauen, die in der Produktion tätig sind, sowie für das Betriebsteam.
«Alles, was ich habe, habe ich meiner Arbeit in der Kooperative zu verdanken. Nicht nur ich, sondern alle Frauen, die hier angefangen haben zu arbeiten», sagt Fahrije.
Rechtzeitige und massgeschneiderte Unterstützung entscheidend für den Erfolg
«Wir brauchen keine Gelder oder Unterstützung. Wir brauchen Arbeit», sagt die Film-Fahrije. Fahrije im wirklichen Leben bestätigt das:
Seit 2015 begleitet Swisscontact die Kooperative Krusha im Rahmen des Projekts Promoting Private Sector Employment (PPSE) im Kosovo in vielfältiger Weise. Über eine vom Projekt beauftragte kosovarische Firma wurde die Genossenschaft bei der Verbesserung ihrer Prozesse, Produkte und Dienstleistungen unterstützt. Ein Experte, der über das Senior Expert Contact-Programm von Swisscontact entsandt wurde, arbeitete mit Fahrije an der Optimierung ihres Geschäftsplans, ihres Markenauftritts und ihrer Marktposition. Ein weiterer Experte trug dazu bei, die Haltbarkeit der Produkte zu verbessern.
Im Jahr 2020 wurden die bäuerlichen Zulieferer von KB Krusha ausserdem vom Projekt mittels der Abgabe von 250 000 subventionierten Gemüsesetzlingen sowie Beratungsdiensten unterstützt. «Es war ein Erfolg, da die Landwirte die mit KB Krusha vereinbarte Liefermenge erreichen und sogar einen Überschuss erzielen konnten», sagt Fahrije. Vor Kurzem hat KB Krusha in Zusammenarbeit mit Swisscontact eine dringend benötigte Maschine zum Reinigen, Rösten und Schälen von Paprika für die Herstellung von Ajvar angeschafft.
Die Anlage beschleunigt den Prozess des Röstens, Schälens und Mahlens von Paprika und erhöht die Menge der pro Stunde verarbeiteten Paprika. «Diese neue Anlage röstet bis zu 1500 kg Paprika pro Stunde», sagt Fahrije Hoti.
«Mit den erhöhten Kapazitäten werden wir die Ajvar-Saison ausweiten, mehr Arbeiterinnen einstellen und mehr Bauern für grössere Gemüsemengen unter Vertrag nehmen», fügt sie hinzu. Zudem sind geröstete Paprikaschoten in kleinen Verpackungen ein neues Produkt, das dank der neuen Maschine in die Regale aufgenommen werden kann.
«Die Co-Investition in diese Maschinen hat sich gelohnt. Kein Rohprodukt geht verloren, die Produktionskapazität ist gestiegen, die Arbeit ist einfacher, die Arbeitsbedingungen sind besser. Der Unterschied ist wie Tag und Nacht», sagt Artan Zenuni, Fahrijes Stellvertreter.
Die massgeschneiderte und rechtzeitige Unterstützung der Kooperative hat den Unterschied gemacht – sie hat das Wachstum beschleunigt und gezeigt, dass Fahrije und ihre Kooperativenmitglieder nicht Opfer der Umstände, sondern Akteure des Wandels sind.
Geschlechternormen infrage stellen und eine neue Realität schaffen
«Sie sagen, wenn dein Mann noch leben würde, würde er sich für dich schämen», sagt eine Witwe aus dem Film. Fahrije hatte im wahren Leben mit schlimmeren Vorurteilen und Rückschlägen seitens der Gemeinschaft, vor allem der Männer, zu kämpfen, als sie begann, Ajvar auf den Märkten zu verkaufen. Der Druck wirkte sich auch auf ihre Tochter aus, die eines Tages wütend von der Schule zurückkam und ihre Mutter bat, ihr Geschäft einzustellen, da die Leute schlecht über sie redeten.
«Natürlich setzte ich die Arbeit fort, wenn auch nicht für mich allein, so doch für all die Witwen, die Arbeit brauchten, und ihre Kinder sowie für unsere geistige Gesundheit. Sechzehn Jahre später sind wir hier. Dieselben Bauern, die über unsere Arbeit gelacht haben, verkaufen jetzt jedes Jahr ihr Gemüse an KB Krusha. Einige ihrer Frauen arbeiten auch ständig hier, andere, sobald sie mit dem Gemüseanbau und dem Einlegen zu Hause fertig sind», sagt Fahrije. Mit den neuen Investitionen soll die Arbeitssaison für alle Beschäftigten auf 11 Monate im Jahr ausgedehnt werden.
Sie ist sehr stolz auf den Wandel, der sich in der Gemeinschaft vollzogen hat, und beeindruckt von der Wirkung, die die Geschichte der Frauen aus dem Dorf Krusha e Madhe auf internationaler Ebene erzielt hat.
Die Kraft der Gemeinschaft
«Du kannst das nicht allein schaffen. Hast du nicht um Hilfe gebeten? Wir tun das nicht nur für dich, sondern auch für uns. Für uns alle», sagen ihre verwitweten Kolleginnen im Film. Fahrije stimmt ihnen zu. Für sie war die wichtigste Auswirkung ihres Unternehmens, dass die Frauen einen Ort fanden, wo sie zusammen sein, ihre Last teilen und ein neues Leben beginnen konnten.
Sadbere Hoti ist eine der ersten Frauen, die seit 2008 für KB Krusha arbeiten. Als Kriegswitwe und Mutter einer Tochter war dies ihre erste ausserhäusliche Arbeit überhaupt.
Die beeindruckenden Fortschritte, die KB Krusha in den letzten 16 Jahren gemacht hat, sind ein starkes Beispiel dafür, dass die wirtschaftliche Befähigung von Frauen – unabhängig von den Umständen – der Schlüssel zur Überwindung der Armut für die Gemeinschaften und die Gesellschaft insgesamt ist und zu mehr Gleichheit und Inklusion für alle führt.
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