Leben in der Schweiz

Strukturelle Diskriminierung im Bildungssystem beseitigen: Bund, Kantone und Wirtschaft sind gefordert

Obwohl die Gleichstellung von Frau und Mann in der Schweiz vorankommt, verdienen junge Frauen bereits beim Berufseinstieg weniger als junge Männer und leisten von Beginn weg mehr unbezahlte Care-Arbeit. Geschlechterstereotype Rollenbilder befördern diese Ungleichheiten. Um tatsächliche Gleichstellung zu erreichen, braucht es deshalb Massnahmen im Bildungsbereich. Die Eidgenössische Kommission für Frauenfragen EKF richtet Empfehlungen an Bund, Kantone und Wirtschaft.

Die Eidgenössische Kommission für Frauenfragen EKF hat im Legislaturschwerpunkt «junge Frauen*» Fakten zur Situation junger Frauen in der Schweiz zusammengetragen und analysiert. Basierend auf dem Bericht Bornatici, den die EKF 2022 publizierte, und auf Gesprächen mit Fachpersonen, legt sie heute Empfehlungen an die relevanten Akteurinnen und Akteure des Bildungsbereiches vor.

Empfehlungen für Schule, Berufswahl, Berufsbildung und Weiterbildung
Die Aneignung spezifischer Vorstellungen von Geschlecht beginnt mit der Geburt und setzt sich in Familie, Schule und Beruf fort. Um Ungleichheiten abzubauen kommt der Schule eine bedeutende Rolle zu, denn hier können Reflexionen zu Geschlecht und Gleichstellung stattfinden. Die verbindliche Verankerung von Geschlechterfragen in den Rahmenlehrplänen und die konsequente Überarbeitung von schulischen Lehrmitteln hinsichtlich nicht-diskriminierender Geschlechterdarstellungen sind deshalb wichtige Schritte. Später, beim Übergang von der Schule zur Erwerbsarbeit, werden geschlechtsspezifische Werte und Verhaltensweisen oft reproduziert. Mädchen beschränken sich in der Berufswahl auf wenige Berufsfelder, die oft schlechter bezahlt sind und weniger Weiterbildungsmöglichkeiten bieten. Lehrpersonen und Berufsberatenden kommt in diesem Prozess eine zentrale Rolle zu. Ihr Bewusstsein für die strukturellen und institutionellen Ursachen geschlechtstypischer Berufswahl muss deshalb gestärkt werden. Die Geschlechterungleichheiten im Berufsleben gipfeln in einer starken horizontalen Segregation des Arbeitsmarktes und sind mit Lohnungleichheit und divergierenden Karrieremöglichkeiten verbunden. Hier gilt es, die Geschlechterdurchmischung in der Berufsbildung mit gezielten Massnahmen zu stärken und die strukturelle Benachteiligung in Berufen mit hohem Frauenanteil zu eliminieren. Zu guter Letzt ist sicherzustellen, dass Frauen auch im Beruf verbleiben und ihre Erwerbsarbeit nicht unter- oder abbrechen. Dazu braucht es Massnahmen, welche der Geschlechterdiskriminierung in geschlechtsuntypischen Berufen entgegenwirken. Zudem müssen sich die Möglichkeiten zur Weiterbildung in Berufen mit hohem Frauenanteil verbessern.

Bund speziell gefordert: Bericht zum Abbau von Geschlechterstereotypen
Hierzulande liegt die Kompetenz für Bildung vorab bei den Kantonen. Im Bereich der Weiterbildung und der Berufsbildung sind jedoch Bund und Wirtschaft zentral. Die vorliegenden Empfehlungen der EKF richten sich deshalb an alle Akteure.

Mit der Gleichstellungsstrategie 2030, die im April 2021 vom Bundesrat verabschiedet wurde, kommt dem Bund zudem eine entscheidende Rolle zu. Es ist die erste nationale Strategie mit dem Ziel, die Gleichstellung von Frauen und Männern gezielt zu fördern. Die EKF legt dem Bund nahe, die vorliegenden Empfehlungen zur Bildung in die Gleichstellungsstrategie 2030 aufzunehmen und Ziele sowie Massnahmen zu ergänzen.

Zusätzlich fordert die EKF den Bundesrat auf, in einem Bericht aufzuzeigen, welche Massnahmen von Bund und Kantonen ergriffen werden, um gegen Geschlechterstereotype in der Bildung vorzugehen, und wie wirksam diese sind. Die Analyse soll den Status quo aufzeigen und helfen, gute Praxis bekannt zu machen und zu teilen.

Empfehlungen auf einen Blick

Schulische Ausbildung: Rahmenlehrpläne und Lehrmittel

  1. Geschlechterfragen in den Rahmenlehrplänen verbindlich verankern
  2. Lehrmittel mit diversen, nicht-hierarchischen Geschlechterdarstellungen einsetzen

Unterstützung in der Berufswahl

  1. Die Kompetenzen von Lehrpersonen und Berufsberatenden in Geschlechterfragen stärken

Abbau der Geschlechtersegregation in der Berufsbildung

  1. Die Geschlechterdurchmischung in der Berufsbildung stärken
  2. Strukturelle Benachteiligungen in frauentypischen Berufen eliminieren

Verbleib im Beruf

  1. Den Verbleib in geschlechtsuntypischen Berufen unterstützen
  2. Weiterbildungsmöglichkeiten in Berufen mit hohen Frauenanteilen verbessern

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