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Shipkovica in Trauer – die Suche nach der 6-jährigen Rina geht weiter
Das ganze Dorf und die Rettungsequipen konzentrieren sich auf die Suche nach der Sechsjährigen
Das Bergdorf Shipkovica im Sharrgebirge leidet weiterhin unter den schmerzhaften Folgen der Naturkatastrophe, die sich anfangs Woche ereignet hatte und vier Todesopfer, über vierzig Verletzte und grossen materiellen Schaden forderte.
Für alle waren es schlimme Erlebnisse, doch das ganze Dorf und die Rettungsequipen konzentrieren sich auf die Suche nach der sechsjährigen Rina Ahmeti, die seit dem Unglück vermisst wird. Die Familie Ahmeti hatte auch ihr zweijähriges Kind verloren, das vor zwei Tagen beerdigt wurde, zusammen mit der vierzehnjährigen Anisa Muharremi und dem 83-jährigen Hashim Xhabiri.
Im Haus der Ahmetis wird nicht zum Kondolieren empfangen, solange Töchterchen Rina nicht gefunden ist.
“Wir schlafen keinen Augenblick. Wir suchen Tag und Nacht. Wir wollen Rinas Leichnam finden. Wir brauchen die Hilfe von Spezialsuchequipen”, sagt Sevdi Ahmeti, der Onkel des vermissten Mädchens.
Er erzählt das schwere Erlebnis und betont, dass alles innert Minuten geschah und es keine Chance gab, etwas zu retten.
“Wir erwarteten nicht, dass so etwas geschähe. Von einem Augenblick zum andern färbte sich der Himmel schwarz und es war ein pfeifendes Zischen vom Berg her zu hören, das von den Steinen kam, die mit dem Wasser zusammen herunterrollten. Das ganze Haus wurde von Wasser, Steinen und Schlamm zugedeckt. Auch wir, die einige Meter entfernt waren, konnten uns nur knapp retten”, betonte Sevdi Ahmeti. Laut ihm konnten mit einem Seil die anderen Familienangehörigen und die Kinder aus dem Keller geholt werden, und dieses ganze schreckliche Geschehen ereignete sich, wie er berichtet, innert sehr kurzer Zeit.
Das Dorfzentrum ist immer noch mit Schlamm- und Steinmassen bedeckt, welche Autos, Traktoren und viele andere Dinge verschlungen haben.
Es ist der dritte Tag der Suche, doch wurde die Sechsjährige noch nicht gefunden
Die Suche nach dem vermissten Mädchen dauert nun seit drei Tagen an und immer noch führte sie zu keinem Ergebnis. Einwohner, Soldaten und viele andere Freiwillige verschiedener Firmen suchen das vermisste Mädchen.
Die Familie ist in Bange ob der ergebnislosen Suche nach der sechsjährigen Rina Ahmeti. Es wird vermutet, dass sie nicht mehr am Leben ist und sich im Keller des Hauses befindet.
Gafurr Sejdia vom Notfallstab des Dorfes sagte gegenüber albinfo.ch, die Rettungsequipen hätten während der ganzen Nacht gearbeitet, doch es gelang ihnen immer noch nicht, die im Haus angeschwemmte Erde wegzuräumen.
“Die Suche wird weitergeführt, während sich bei den Dorfbewohnern Unmut über die Unfähigkeit der Rettungsequipen zu verbreiten beginnt, die nun seit zwei Tagen kein Resultat erbracht haben”, sagt Gafurr. Unter den Einwohnern kam der Verdacht auf, dass der Leichnam von Rina aus dem Haus getragen worden sein könnte.
Wie dreissig Personen in einem Lokal dem Tod entkamen
Über die Stunden des Schreckens, die die Shipkovicer erlebten, gibt es manches zu erzählen. Jusuf Fazlia, Zeuge des Ereignisses, sagt, zum Glück hätten sich an dem Tag dreissig Dorfbewohner retten können, die sich in einem Lokal an der Strasse befunden hatten. Dieses wurde von Wasser, Schlamm und Steinen zugedeckt. “Wir waren in einem weiter oben gelegenen Lokal und flohen schnell in ein Lokal weiter unten. Doch auch dort strömte das Wasser hinein und von einem kleinen Fenster aus gelang es uns, in den ersten Stock des Hauses zu klettern und so waren wir gottseidank gerettet. Das Ganze spielte sich innert Minuten ab und das ganze Lokal wurde nachher in seinem Innern von Wasser und Schuttmassen überflutet”, berichtet Jusuf Fazlia.
Laut den Dorfbewohnern hatte sich der verstorbene 83-jährige Hashim Xhabiri nicht aus einem anderen Lokal oberhalb der Strasse fortbegeben, und kam so dort ums Leben.
Auch Mahi Ismaili, der Besitzer des überschwemmten Lokals, erzählt, wie es ihm an jenem Tag gelang, sein Leben zu retten.
“Anfangs schien es mir, als würde mein Lokal nicht von den Fluten betroffen werden, doch es geschah sehr schnell, innerhalb eines Augenblicks. Die Gäste eines anderen Lokals waren in mein Lokal gerannt. Doch im nächsten Moment war das Wasser auch bei uns, wir konnten keine Türen oder irgend ein grosses Fenster öffnen.
Alles war blockiert, es waren Rufe und Schreie zu hören. Wir schafften es, über ein zerbrochenes oberes Fenster hinauszuklettern und von dort zum Fenster des ersten Stocks des Hauses zu gelangen. Ich weiss nicht, wie ich diese äusserst schwierige Situation beschreiben soll”, erzählt Ismaili. Zwei seiner Angehörigen sind mit Verletzungen im Spital von Tetovë.
Die gleiche Tragödie hatte sich auch 1930 ereignet
Die Alten des Dorfes erinnern sich, dass eine ähnliche Tragödie, aber mit weniger schlimmen Folgen, sich in diesem Dorf auch im Jahr 1930 ereignet hatte. Damals gab es zwei Tote.
Abdyl Jahja, 75, erinnert sich, wie sein Vater ihm erzählt hatte, dass 1930 ein grosses Unglück geschehen war. “Sie sagen, dass es gleich wie dieses gewesen war und das Wasser zwei Opfer forderte und grossen Schaden verursachte. Aber das von heute ist noch schlimmer. Zu dieser Situation kam es, weil das Bachbett über dem Dorf ständig kleiner wurde und das führte dazu, dass das Wasser mit den Steinen aus dem Bett ausbrach und sich verteilte und dabei grossen Schaden anrichtete”, erzählt Abdyl Jahja.
Die Bewohner von Shipkovica sagen, sie versuchten, zur Normalität zurückzukehren, doch sie erklären auch, dass die Behörden ihre Aufmerksamkeit den Wohnorten in den Berggebieten zuwenden und vorbeugende Massnahmen treffen müssen, damit in Zukunft keine solchen Tragödien mehr geschähen.
“Shipkovica so wie unser ganzes Berggebiet waren vergessen worden. Die Verantwortlichen kamen nur auf Stimmenfang und sprachen kein einziges Mal über diese Gefahren. Heute wollen wir keine Politik mehr, sondern wir wollen, dass die Normalität einkehrt, dass Voraussetzungen, unter denen wir leben können, geschaffen werden. Immer wurde Shipkovica von den Behörden zu wenig Beachtung geschenkt”, betont Jahja, und seine Altersgenossen räumen trotz ihres hohen Alters die Strassen.
Es treffen weiterhin humanitäre Hilfeleistungen aus verschiedenen Ländern im Dorf ein, während in den anderen Dorfteilen die Bewohner sagen, sie seien zum Alltag zurückgekehrt mit der Einstellung: “Gott hat es so gewollt, wir können nichts machen, das Leben geht weiter”.
Solidarisierung in der ganzen Region von Tetovë
Mit Shipkovica solidarisiert sich ganz Tetovë und die weitere Umgebung, die seit gestern Trauertage ausgerufen hat.
Auch in Teilen der Stadt herrschte ein erschreckender Anblick von den Überschwemmungen, die die Stadt getroffen haben, verursacht durch den Fluss Shkumbin, der über seine Ufer getreten war. Gestern Abend spät wurde auch der leblose Körper des 61-jährigen Hirten Raif Jusufi von Lisec gefunden. Seine Leiche wurde in der Nähe des Zahlpunktes am Ausgang von Tetovë nach Gostivar gefunden.
Der verstorbene Raif Jusufi war am Tag des Unwetters zusammen mit seinem kleinen Enkel im Wald. Der Siebenjährige verlor bei der Naturkatastrophe ebenfalls sein Leben, doch sein Körperwurde im Dorf Reçicë e Madhe gefunden.
Die Gemeindebehörden riefen zu Hilfe für Shipkovicë und Tetovë auf. Die Gemeindepräsidentin Teuta Arifi hielt sich während der gesamten vergangenen Tage vor Ort in den überschwemmten Zonen auf.
“Wir sind vor Ort und bemühen uns so gut wie möglich, die Normalität zurück zu bringen. Die Gemeinde Tetovë erlebt schmerzhafte, traurige Tage. Wir rufen dazu auf, uns zu helfen, jede Hilfe wird willkommen sein”, erklärte gegenüber albinfo.ch Gemeindepräsidentin Teuta Arifi, die auch heute anwesend war, um die Situation bei der Räumung der Strassen und der Sanierung der Schäden zu verfolgen.
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