Albinfo plus
Offizielle Eröffnung des Ceneri-Basistunnels
Bern, 04.09.2020 - Camorino, 04.09.2020 - Rede von Bundesrat Ignazio Cassis anlässlich der Eröffnungsfeier "Ceneri2020" - Es gilt das gesprochene Wort
Sehr geehrte Frau Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga,
Egregio presidente del Governo ticinese Norman Gobbi,
Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Hans Stöckli,
Monsieur le Directeur général des CFF Vincent Ducrot,
Sehr geehrter CEO der ATG Herr Dieter Schwank,
Stimati consiglieri di Stato,
Stimati parlamentari,
Gentili signore e signori,
Eine Vision wird wahr
Heute wird eine Vision wahr. Entwickelt wurde sie bereits im Jahr 1947, als der Basler Ingenieur und Verkehrsplaner Carl Eduard Gruner den ersten Vorschlag für einen Basistunnel durch das imposante Gotthardmassiv skizzierte.
Es heisst, wer Visionen habe, solle zum Arzt gehen. Ich finde, Visionen sind manchmal ganz gesund, aber das liegt wahrscheinlich daran, dass ich Arzt bin!
Derselben Meinung war 1989 wohl auch der Bundesrat: Er übernahm Gruners Vision nicht nur, sondern entwickelte sie weiter und lancierte ein Projekt, das neben dem Gotthard-Basistunnel auch den Lötschberg- und den Ceneri-Basistunnel vorsah. Mit dem Ceneri weihen wir heute das letzte Teilstück dieses visionären Werks ein.
Wenn Sie mich fragen, grenzt das Ganze schon fast an Arroganz: Diese Schweizerinnen und Schweizer, ein Zusammenschluss verschiedener Kulturen um das Alpenmassiv, haben ihren Ehrgeiz daran gesetzt, die Berge niederzureissen. Sie haben sich vorgenommen, eine Flachbahn durch die Alpen zu bauen!
Nobelpreisträger Carl Spitteler schrieb einmal, wenn die Schweizer die Alpen hätten erfinden müssen, hätten sie sie viel kleiner gemacht. Er umschrieb damit den typisch schweizerischen Ansatz, alles, was übertrieben scheint, auf ein «vernünftiges Mass zu reduzieren». Da wir die Alpen nicht erfunden haben, bleibt uns nichts anderes übrig, als kühne Werke zu wagen!
Kitt für den Zusammenhalt der Schweiz
Meine Damen und Herren
Die NEAT ist ein wichtiger Kitt für den Zusammenhalt unseres Landes. So wie der Gotthard die Schweiz zusammengekittet hat, bringt der Ceneri-Tunnel das Tessin zusammen.
Der Ceneri bringt uns näher zueinander: In Zukunft wird es nur noch ein Katzensprung sein von der Gemeinde von Marco Borradori bis zur Gemeinde von Mario Branda – beziehungsweise bis zum Rabadan, wenn das Virus Fasnachtsfeiern wieder zulässt. Die Konkurrenz zwischen dem Luganer- und dem Langensee könnte sich verschärfen. Auch vom Estival zum Festival gelangt man mit dem Zug im Nu.
Gleichzeitig lockt uns die NEAT etwas mehr auf die Alpennordseite. Dieses Pendeln zwischen Süden und Norden, das mein Leben als Nationalrat und jetzt auch als Bundesrat bestimmt, ist ein zentraler Bestandteil unserer Identität.
Zwischen uns und unseren Landsleuten gibt es vielfältige Unterschiede, etwa in Sachen Kultur, Sprache, Humor oder Mode. Was die Schweiz zusammenkittet, sind unsere Institutionen: der Föderalismus, die direkte Demokratie, das Milizprinzip, die Neutralität, unsere Bescheidenheit, hinter der sich ein innovativer, manchmal sogar visionärer Geist verbirgt, den wir vielleicht der Topografie unseres Landes zu verdanken haben.
Die grossen Baustellen zwischen Freude und Furcht
Diese «Swissness» reist auf Schienen. Die Eisenbahn brachte Industrie und Tourismus sowie einen gewissen Wohlstand ins Tessin. Die Eisenbahn ermöglichte uns 1882 die vollumfängliche Teilhabe am jungen Bundesstaat, der zu diesem Zeitpunkt gerade mal vierzig Jahre alt war. Dann kamen die Strasse, der Autobahntunnel und leider auch Verkehrsstaus und Unfälle.
Das Schweizer Volk ist aber nicht stehen geblieben. 2016 sagten die Schweizerinnen und Schweizer Ja zur zweiten Autobahnröhre – aus Sicherheitsüberlegungen und zur Gewährleistung der wertvollen Verbindung zwischen der italienischsprachigen Schweiz und dem Rest des Landes. Und viel früher, 1992 und 1998, hatte das Volk Investitionen in Milliardenhöhe gutgeheissen, um den Güterverkehr von der Strasse auf die Schiene zu verlagern.
Dabei dürfen wir aber nicht vergessen, dass manche einen hohen Preis für diesen Fortschritt bezahlten. Auf den Eisenbahnbaustellen des späten 19. Jahrhunderts kamen viele Arbeiter ums Leben. Auch beim Bau der NEAT waren Todesopfer zu beklagen, zwar viel weniger, aber deswegen nicht minder tragische Fälle. Heute sind unsere Gedanken daher auch bei den Verstorbenen.
Wie alle Veränderungen lösten auch diese Baustellen Befürchtungen aus. Im Tessin stiess die Eisenbahn zwar auf Begeisterung. Im Kanton Uri hingegen gab es Leute, die den ersten Zug mit einer schwarzen Armbinde empfingen. Die Eisenbahn bedeutete nämlich den wirtschaftlichen Untergang der Säumer, die die Waren auf Lasteseln über den Pass transportiert hatten.
Europäisches Teilstück
Meine Damen und Herren
Die Schweiz ist aufgrund ihrer geografischen Lage entstanden und gewachsen: im Herzen der Alpen, in der Mitte Europas. Sie liegt an einer ebenso wichtigen wie steinigen Verkehrsachse, am Schnittpunkt verschiedener europäischer Kulturen, zwischen Süden und Norden.
Mit der Fertigstellung des zukunftsweisenden Grossprojekts unterstreichen wir unsere Zugehörigkeit zum europäischen Kontinent, der auch heute eminent wichtig ist für unseren Wohlstand. Die Schweiz formte sich in der ständigen Auseinandersetzung mit Europa, den europäischen Staaten und der Europäischen Union, der die meisten dieser Länder heute angehören.
Seit sieben Jahrhunderten suchen wir – mit Höhen und Tiefen – nach pragmatischen Lösungen, die unsere Identität festigen und gleichzeitig die Offenheit bewahren, die für unseren Erfolg, unseren wirtschaftlichen Wohlstand, unseren kulturellen und wissenschaftlichen Reichtum und unsere Innovationskraft notwendig ist.
Ich hoffe, dass das letzte Teilstück der NEAT dieses Bewusstsein stärkt und unser Verhältnis zu Europa fördert, das heute dank der bilateralen Abkommen mit der Europäischen Union stabil geregelt ist.
Heute sagen wir Ja zur Schweiz! Wir sagen Ja zu den pulsierenden Schlagadern, die uns mit unserem Kontinent verbinden. Furchtlos und stolz auf unsere Identität!
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
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