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Neues Gesetz über Flugpassagierdaten
Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 15. Mai 2024 die Botschaft zum Flugpassagierdatengesetz verabschiedet und ans Parlament überwiesen. Dank dieser Gesetzesgrundlage wird die Schweiz ein nationales PNR-System (Passenger Name Records) einrichten können. Das neue Gesetz wird dazu beitragen, Terrorismus und andere Schwerstkriminalität zu bekämpfen und den Wirtschaftsstandort Schweiz zu schützen. Gleichzeitig hat der Bundesrat in seiner Sitzung den Entwurf eines Verhandlungsmandats für PNR-Abkommen mit Nicht-EU-Staaten verabschiedet. Mit der EU haben die Verhandlungen über ein Abkommen bereits begonnen.
Das neue Gesetz regelt die Bekanntgabe von Flugpassagierdaten durch schweizerische und ausländische Fluggesellschaften an die Behörden, sowie die Bearbeitung dieser Daten zum Zweck der Bekämpfung von Terrorismus und anderer Schwerstkriminalität. Fluggesellschaften verfügen über zahlreiche Informationen, welche die Passagierinnen und Passagiere bei der Buchung angeben. Zu diesen Flugpassagierdaten gehören etwa der Name, der Vorname, die Kontaktdaten oder auch die Reiseroute, die Zahlungsmodalitäten und weitere. Informationen zu schützenswerten persönlichen Daten (z.B. Hautfarbe, gewerkschaftliche Zugehörigkeit, Essensvorlieben) werden hingegen nicht übermittelt. Die PNR-Daten sollen künftig an die neu zu schaffende Passenger Information Unit (PIU) im Bundesamt für Polizei (fedpol) gehen. Die Schweizer PIU soll ab 2025 aufgebaut werden und ab 2026 schrittweise in Betrieb gehen.
Die PIU im fedpol wird künftig die Daten automatisch mit polizeilichen Informationssystemen abgleichen. Ergibt sich eine Übereinstimmung (z.B. eine zur Verhaftung ausgeschriebene Person erscheint auf einer Passagierliste), wird das Ergebnis manuell überprüft, bevor es an die zuständigen Behörden des Bundes und der Kantone weitergeleitet wird, die über die zu ergreifenden Massnahmen entscheiden.
Die Bearbeitung der PNR-Daten vereinfacht die Arbeit der Strafverfolgungsbehörden:
- Die Strafverfolgungsbehörden können einfacher noch vor dem Abflug Personen identifizieren, die in polizeilichen Informationssystemen verzeichnet sind und national oder international gesucht werden;
- sie können einfacher polizeilich noch unbekannte verdächtige Personen und internationale kriminelle Netzwerke anhand von Risikoprofilen entdecken und rechtzeitig Massnahmen durchführen;
- sie können bei einer Fahndung oder einer Ermittlung einfacher Angaben zu den Reisebewegungen einer tatverdächtigen Person erhalten.
Die Verwendung von PNR-Daten ist damit ein wirksames Instrument zur Bekämpfung von Terrorismus und anderer Schwerstkriminalität. 70 Länder, darunter alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU), die USA und Kanada, haben im Einklang mit den internationalen Vorgaben der UNO und der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) ein nationales PNR-System eingeführt. Auch die Schweiz ist verpflichtet, diese bindenden UNO-Resolutionen und die ICAO-Normen umzusetzen.
Datenschutz und Wahrung der Persönlichkeitsrechte
Das Gesetz garantiert den Schutz der Daten und der Persönlichkeitsrechte der Flugpassagierinnen und Flugpassagiere. Der Zugriff auf die PNR-Daten und ihr Verwendungszweck sind streng geregelt.
Gegenüber der Vernehmlassungsvorlage hat der Bundesrat den Datenschutz verstärkt. Die Aufbewahrungsdauer der Daten wurde verkürzt. So dürfen Daten, die keine objektiven Anhaltspunkte für Terrorismus oder andere Schwerstkriminalität aufweisen, nicht länger als sechs Monate gespeichert werden. Diese Daten werden zudem bereits nach einem Monat pseudonymisiert. Das heisst, dass identifizierende persönliche Informationen wie zum Beispiel Name, Kontaktdaten und Geburtsdatum nicht mehr direkt im System sichtbar sind. Weisen die Daten hingegen objektive Anhaltspunkte für Terrorismus oder andere Schwerstkriminalität auf, dürfen sie maximal fünf Jahre gespeichert werden.
Nach Inkrafttreten des Gesetzes wird die Einhaltung des Datenschutzes vom Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten – EDÖB – beaufsichtigt. Bei der Erarbeitung der Gesetzesvorlage wurde erstmals eine Datenschutzfolgeabschätzung (DSFA) gemäss dem neuen Datenschutzgesetz gemacht. Die Anliegen des EDÖB wurden bei der Erarbeitung der Vorlage berücksichtigt.
Folgen bei einem Abseitsstehen
Ohne ein eigenes PNR-System könnte die Schweiz zu einer Sicherheitslücke in Europa werden. Personen, die den Flugverkehr zur Verfolgung krimineller Ziele nutzen, könnten im Schengen-Raum bestehende PNR-Systeme umgehen, indem sie in die Schweiz fliegen und ihre Reise in ein EU-Land auf dem Landweg fortsetzen. Bereits heute müssen Schweizer Fluggesellschaften PNR-Daten von Flügen aus der Schweiz in einige Länder bekanntgeben, so an die EU-Mitgliedstaaten, die USA und Kanada.
Die PNR-Daten haben für die Schweiz auch eine wichtige wirtschaftliche Dimension. Weil immer mehr Staaten die Bekanntgabe von PNR-Daten verlangen, droht den Schweizer Fluggesellschaften, dass sie künftig in diesen Ländern mit hohen Geldstrafen und sogar mit dem Entzug der Landerechte rechnen müssen. Damit riskiert die Schweiz, mittel- bis langfristig ihre Anbindung an den internationalen Flugverkehr teilweise oder ganz zu verlieren. Die USA machen die Nutzung der PNR-Daten zur Bedingung für den Verbleib der Schweiz im Visa-Waiver-Programm. In diesem Rahmen können Schweizer Staatsangehörige zu geschäftlichen oder touristischen Zwecken visafrei in die USA einreisen.
Verhandlungsmandate
Für den gegenseitigen Austausch von Flugpassagierdaten bedarf es Abkommen mit der EU sowie Drittstaaten (Nicht-EU-Staaten). Diese Abkommen regeln auch den Datenschutz, welcher den in der Schweiz geltenden gesetzlichen Anforderungen genügen muss.
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung gleichzeitig ein Verhandlungsmandat für PNR-Abkommen mit Nicht-EU-Staaten wie Island, Norwegen oder dem Vereinigten Königreich verabschiedet – unter Vorbehalt der Zustimmung der Aussenpolitischen Kommissionen der Eidgenössischen Räte und der Konferenz der Kantonsregierungen.
Das Verhandlungsmandat für ein Abkommen mit der EU über den Austausch von Informationen zu Flugpassagierdaten hat der Bundesrat bereits an seiner Sitzung vom 1. November 2023 verabschiedet. Ebenfalls noch im November 2023 haben die Aussenpolitischen Kommissionen der Eidgenössischen Räte dieses Mandat gutgeheissen. Die Kantone haben ihm Ende Januar 2024 über die Konferenz der Kantonsregierungen zugestimmt. Die offiziellen Gespräche mit der Europäischen Kommission wurden Mitte März 2024 aufgenommen.
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