Sprachen
Wenn die Sprachkenntnisse fehlen, fehlt es an allem Die Albanerin
Brikela Andrea arbeitet heute als interkulturelle Übersetzerin. Dies, obwohl der Weg zur deutschen Sprache lang und steinig war.
Ihre erste Begegnung mit der deutschen Sprache war wenig verheissungsvoll: «Noch bevor ich in die Schweiz gekommen bin, hat mir jemand erzählt, dass ich nie werde Deutsch lernen können», sagt die Albanerin Brikela Andrea. Ein Bekannter habe ihr mitgeteilt, Deutsch sei eine so schwierige Sprache, dass nur Männer sie erlernen könnten. Heute «liebt» Andrea die deutsche Sprache – sie hat sie sich sogar zum Beruf gemacht.
Als interkulturelle Übersetzerin schlägt sie Brücken zwischen Menschen und Kulturen. Andrea begleitet Zugewanderte bei Gesprächen mit Behörden, sei es beim Gericht, im Elterngespräch oder im Spital. Am 1. Januar tritt das neue Integrationsgesetz des Kantons in Kraft. Künftig dürften deshalb Personen wie Andrea noch mehr gefragt sein, denn das neue Gesetz sieht vor, Neuzuzüger zu einem Gespräch bei den Gemeindebehörden vorzuladen. Stellen diese «besonderen Informationsbedarf zu Fragen der Integration» fest, schicken sie die Betroffenen zu einer der vier im Kanton zuständigen Ansprechstellen für Integration.
Andrea selber begrüsst diese Regelung. «Ich selbst war damals ziemlich verloren, als ich in die Schweiz kam.» Hätte sie die Angebote besser gekannt, hätte sie schneller ihren Weg gefunden, wie sie sagt. Zudem gebe es heute so viele Angebote, dass man sich leicht darin verlieren könne. Sie sagt aber auch, dass die Behörden zu bedenken hätten, dass Integration nicht nur leicht sei.
Neue Welt, neue Herausforderungen
Andrea hat nie geplant, in der Schweiz zu leben. «Denn in Tirana hatte ich meine Familie, einen guten Job, Freunde.» Doch dann war die Liebe stärker, und sie reiste ihrem Mann in die Schweiz nach, der hier auf dem Bau eine Stelle gefunden hatte. Heute, zwölf Jahre später, hat sie sich in Bern mit ihrer Familie ein neues Leben aufgebaut. «Ich habe mir viel Mühe gegeben, bis ich so weit war, sagen zu können: Hier fühle ich mich zu Hause», erklärt die zweifache Mutter. Mit ihrem Hintergrund möchte die Albanerin Zugezogenen den Start in der Schweiz nun erleichtern.
In ihrer Arbeit als Übersetzerin stellt die Bernerin in Gesprächen mit den Behörden den Informationsfluss sicher. Hierbei geht es um mehr als nur um den Inhalt des Gesprochenen – vielmehr müssen interkulturell Dolmetschende die kulturellen Gegebenheiten der Herkunftsländer wie auch der Schweiz kennen und diese im Gespräch, wann immer nötig, einfliessen lassen. Erlernt hat Andrea die Technik des interkulturellen Übersetzens bei Intercultura, einer Institution im Kanton Bern, welche interessierte Migrantinnen und Migranten zu interkulturell Dolmetschenden ausbildet. «Das war für mich damals wie eine neue Welt», erinnert sich Andrea. Nachdem sie sechs Jahre von Beruf «nur Mutter» gewesen sei, habe sie sich jetzt herausfordern können.
Auch ihre Arbeit birgt Herausforderungen. Andrea lernte sich abzugrenzen: gegenüber tragischen Geschichten, die sie erzählt bekommt. Gegenüber den Neuzuzügern, die sie als Landsfrau oft als Verbündete ansehen. Und gegenüber den Behörden, welche sie manchmal um Einschätzungen zur Situation der Migranten bitten. «Hier darf ich keine Auskunft geben, denn es ist unser oberstes Gebot, als Übersetzende neutral zu sein.»
In der Schweiz zuhause
Neben ihrer Arbeit als interkulturelle Dolmetscherin arbeitet Andrea im Zentrum 5. Das Integrationszentrum für Migranten ist ein Projekt der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen Region Bern. Als Kultur- und Bibliotheksverantwortliche ist Andrea hier für die bunten Seiten des Lebens zuständig. Und so beginnen ihre Augen denn auch zu glänzen, als sie durch die Bibliothek führt, die Bücher in 31 Sprachen beinhaltet. Die 41-Jährige bezeichnet Lesen als ihre Leidenschaft. Gerne hätte sie jedoch schon früher Bücher in deutscher Sprache gelesen. «Als ich hierherkam, war ich jung, motiviert und wollte studieren.» Daraus ist nichts geworden.
Dennoch scheint Andrea mit ihrem heutigen Leben erfüllt. Auf die Frage, wo sie sich denn nun am meisten verankert fühle, antwortet sie, sie fühle sich in der Schweiz zu Hause – als Albanerin, aber auch als Schweizerin. «Denn in Bern habe ich meine Familie, einen guten Job, Freunde.»
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