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Krystyna Marty Lang: Kosovo ist eines der Schwerpunktländer für die Schweiz
Ein exklusives Interview der albinfo.ch mit Krystyna Marty Lang, die Botschafterin der Schweiz in Kosovo
Die Unterstützung der Schweiz hat sich in den letzten Jahren gewandelt. Das Budget von DEZA und SECO für die Zusammenarbeit beträgt 2015 über 25 Mio CHF, was gegenüber den letzten Jahren eine Zunahme darstellt, behauptet unter anderem in einem Interview für albinfo.ch Krystyna Marty Lang, die Botschafterin der Schweiz in Kosovo. Sie spricht auch über Visaverfahren der Botschaft Schweiz, über Investitionsklima in Kosovo, über die Einstellung der Rentenzahlungen und vieles mehr
albinfo.ch: Wie gross ist die Schweizer Hilfe in Kosova, die seit dem Krieg über die einzelnen Programme geleistet wurde? In welchen Bereichen wurde die Schweizer Hilfe vornehmlich ausgerichtet?
Krystyna Marty Lang: Die Unterstützung der Schweiz hat sich in den letzten Jahren gewandelt. Unmittelbar nach dem Krieg konzentrierte sich die Hilfe vor allem auf den humanitären Bereich, den Wiederaufbau und die Rückkehrhilfe für Flüchtlinge. Ab dem Jahr 2000 kamen auch Massnahmen zur Existensicherung dazu, sowie Kulturförderung. Seit 2004 leistet die Schweiz vor allem Unterstützung zur politischen und wirtschaftlichen Transition des Landes. Die Schwerpunkte der Schweizer Hilfe sind die folgenden: Demokratische Regierungsführung und Dezentralisierung, Wirtschaft und Beschäftigung, Wasser, Gesundheit, Migration sowie Frieden und Sicherheit.
Kosovo ist eines der Schwerpunktländer für die Schweiz. Das Budget von DEZA und SECO für die Zusammenarbeit beträgt 2015 über 25 Mio CHF, was gegenüber den letzten Jahren eine Zunahme darstellt. Die Projekte der Abteilung Menschliche Sicherheit vom EDA haben einen Umfang von 900’000 CHF in diesem Jahr. Weiter stellt die Schweiz auch Experten zur Verfügung für Organisationen wie die OSZE, UNDP und EULEX.Neben dieser Hilfe ist die Schweiz im Kosovo auch mit der Swisscoy präsent, im Rahmen der KFOR. Über 230 Angehörige der Schweizer Armee leisten auf diese Weise einen Beitrag für die Sicherheit und Stabilität im Kosovo.
Detaillierte Informationen zu einzelnen Projekten finden Ihre Leserinnen und Leser unter anderem auf der folgenden Internetseite:
https://www.eda.admin.ch/countries/kosovo/de/home/internationale-zusammenarbeit/projekte.html
Albinfo.ch: Vor der Schweizer Botschaft hat es immer viele Menschen, die auf ein Visum warten. Sind die Visumsverfahren vereinfacht worden oder sind sie sehr streng?
Krystyna Marty Lang: Unsere Visaverfahren entsprechen den Schengenregeln, sie wurden in den letzten Jahren nicht verändert. Gemäss den Schengenregeln gibt es eine bestimmte Liste von Dokumenten, welche bei einem Visaantrag vorgelegt werden müssen, diese sind für alle Schengenländer dieselben.
Albinfo.ch: Wie viele Visa stellt die Schweizer Botschaft innert eines Jahres in Kosovo aus und wie viele Personen beantragen eines?
Krystyna Marty Lang: 2014 wurden 22‘500 Visaanträge gestellt, 16‘600 Visa wurden erteilt. Die Schweizer Vertretung stellt die Visa nicht nur für die Schweiz aus, sondern ebenfalls für Österreich, Frankreich und seit dem 1. November 2015 auch für Belgien, die Niederlande und Luxemburg. Entsprechende Abkommen haben wir mit diesen Staaten geschlossen.
Albinfo.ch: Welche Art von Visaanträgen stellen den grössten Anteil? Solche für den Familiennachzug, touristische oder Geschäftsvisa?
Krystyna Marty Lang: Für kosovarische Staatsangehörige stellen wir vor allem Visa aus für den Besuch von Familienangehörigen, diese machen 80% aller Visa aus. Geschäftsvisa oder Visa für touristische Zwecke stellen nur einen kleinen Teil dar.
Albinfo.ch: Wie beurteilen Sie die politische und die Sicherheitslage in Kosova?
Krystyna Marty Lang: Kosovo ist für zahlreiche EU-Länder ein sicheres Drittland. Die Schweiz teilt diese Sichtweise.
Albinfo.ch: Was können Sie gegen das politische Patt im kosovarischen Parlament empfehlen?
Krystyna Marty Lang: Letztlich müssen die politischen Parteien im Kosovo selbst eine Lösung finden, es gibt keine einfache Lösung, die man von aussen an das Land herantragen könnte.
In der Schweiz haben wir bisher gute Erfahrungen damit gemacht, jeweils alle Seiten in solche Diskussionen miteinzubeziehen und zusammen Lösungen zu finden. Aus dieser Erfahrung heraus würde ich empfehlen, dass auch im Kosovo Regierung und Vertreter aller Oppositionsparteien die inhaltlichen Fragen gemeinsam diskutieren. Wo, wenn nicht im Parlament, kann eine Auseinandersetzung über unterschiedliche Ideen, Ziele und Projekte stattfinden? Damit meine ich aber eine Auseinandersetzung mit Worten, nicht mit physischer Gewalt.
Albinfo.ch: Herrscht in Kosovo ein günstiges Investitionsklima und welche Botschaft überbringen Sie den schweizerischen Investoren?
Krystyna Marty Lang: Es gibt zweifellos viele Faktoren, die Kosovo für Investoren aus der Schweiz zu einem sehr interessanten Standort machen, so unter anderem tiefe Lohnkosten, Nähe zur Schweiz und gute Beziehungen zwischen den beiden Ländern, gute Sprachkenntnisse der lokalen Bevölkerung oder ein gutes Bankensystem. Daneben können wir nicht die Augen verschliessen vor den Problemen, die leider auch bestehen. Hier ist insbesondere das wenig effiziente Justizsystem und das Korruptionsrisiko zu nennen. In einigen Sektoren kann es auch schwierig sein, gut qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden, da insbesondere das Berufsbildungssystem im Kosovo nicht genug Fachkräfte hervorbringt.
Wenn sich potenzielle Investoren an uns wenden, so informieren wir sie jeweils über die Chancen und Risiken und setzen sie auch in Kontakt mit Schweizer Firmen, die bereits erfolgreich vor Ort tätig sind. Die Erfahrungen von Firmen vor Ort sind für neue Investoren wichtig, um sich ein genaues Bild der Situation machen zu können.
Albinfo.ch: Es gibt viele Kosovaren, die in der Schweiz gearbeitet haben, die jedoch keine Rente erhalten, weil die Schweiz einseitig die Einstellung der Rentenzahlungen beschloss. Sicher gab es in einigen Fällen Gründe dafür, doch andere werden dadurch geschädigt. Wann kann diese Frage gelöst werden?
Krystyna Marty Lang: Eine detaillierte Erklärung der Situation mit den Rentenzahlungen finden Ihre Leserinnen und Leser auf dem Informationsblatt vom Bundesamt für Sozialversicherungen: https://www.eda.admin.ch/content/dam/countries/countries-content/kosovo/en/Infoblatt-definitiv-de.pdf
Kosovarische und schweizerische Experten sind in engem Kontakt, um offene Fragen zu klären und zu prüfen, ob in Zukunft wieder ein bilaterales Abkommen abgeschlossen werden kann. Mit einem solchen Abkommen könnten dann neue Renten auch im Kosovo wieder ausbezahlt werden. Es ist allerdings zu früh für eine Prognose, wann es so weit sein wird.
Wichtig ist aber zu betonen, dass auch heute niemand die Beiträge der AHV verliert. Falls jemand in der Schweiz gearbeitet hat und sich dann entscheidet, seinen Wohnsitz definitiv in den Kosovo zu verlegen, so kann diese Person die Auszahlung ihrer bisherigen Beiträge verlangen. Genaue Angaben dazu gibt es ebenfalls auf dem Informationsblatt vom Bundesamt für Sozialversicherungen.
Albinfo.ch: Und zum Schluss: Die Schweiz und Kosova hatten ein Abkommen über Gefangene. Die kosovarischen Gefangenen in der Schweiz sollten ihre Strafe in Kosova verbüssen. Gibt es in dieser Sache etwasKonkretes, oder erfolgte dies lediglich im Rahmen einer Überprüfung?
Krystyna Marty Lang: Ja, es besteht der „Vertrag zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Kosovo über die Überstellung verurteilter Personen“, der Text ist öffentlich zugänglich auf: https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/20121921/
Der Vertrag ist seit 11. Mai 2014 in Kraft. In der kurzen Zeit seit Inkrafttreten ist es noch zu keinem Anwendungsfall gekommen.
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Selbstverständlich, lese ich albinfo.ch
Lesen Sie albinfo.ch? Krystyna Marty Lang: Selbstverständlich! Es ist eine bedeutende Plattform für die albanischsprachige Bevölkerung in der Schweiz und bietet eine einzigartige Mischung aus Informationen über die Schweiz aber auch über Kosovo und andere Länder des Westbalkans. Somit übernimmt albinfo.ch eine wichtige Brückenfunktion. Ganz abgesehen davon, dass es auch sehr unterhaltsame Artikel hat, welche ich jeweils gerne lese.
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16.699 Visa erteilt
2014 wurden 22‘500 Visaanträge gestellt, 16‘600 Visa wurden erteilt. Die Schweizer Vertretung stellt die Visa nicht nur für die Schweiz aus, sondern ebenfalls für Österreich, Frankreich und seit dem 1. November 2015 auch für Belgien, die Niederlande und Luxemburg. Entsprechende Abkommen haben wir mit diesen Staaten geschlossen. Für kosovarische Staatsangehörige stellen wir vor allem Visa aus für den Besuch von Familienangehörigen, diese machen 80% aller Visa aus. Geschäftsvisa oder Visa für touristische Zwecke stellen nur einen kleinen Teil dar.
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