Nachrichten
Komm doch und sieh dir Prizren an!
“Wer einmal vom Wasser des Springbrunnens getrunken hat, verlässt Prizren nicht mehr.” So will es die Legende, auf deren Spuren stösst, wer sich auf den Weg durch die engen Gassen der Stadt begibt. Und wirklich blieben manche, die kamen und ihren Durst löschten, Prizren für immer verbunden; andere gingen wieder und kehrten nicht zurück. Niemand weiss weshalb, aber eines ist sicher, nie ist es zu spät für eine Rückkehr, für eine erfrischende Sommerbrise in der Prizrener Dämmerung…
Woher du auch kommst, wenn deine Beine auf dem alten Kopfsteinpflaster, das die Gässchen bedeckt, etwas müde geworden sind und deine Blicke an den Balkonen und Loggias der Stadthäuser hochwandern, dann bist du in Prizren. Nicht zu Unrecht heisst es, diese Stadt sei sich selbst Wegweiser. Du musst nur dem Lauf des Lumbardh folgen, hin und wieder eine seiner zahlreichen Brücken überqueren, und vor dir erscheinen die hübschen Konturen der angenehm ruhigen Stadt. Zweifellos ist von den Brücken die Ura e Gurit, die Steinbrücke, die bekannteste, und sie bringt dich ins Herz der Stadt, doch jede der Brücken hat ihre eigene Geschichte. Kürzlich ernannte Prizren, wie Paris und viele andere europäische Städte, eine Brücke, die Blaue, zur Brücke der Liebe. Täglich kommen Verliebte und befestigen ein Schloss, auf welchem sie liebevoll ihre Initialen eingeritzt haben, an den eisernen Stäben des Brückengeländers. Sie schliessen das Schloss ab und werfen den Schlüssel in den Fluss. (Nicht alle Lieben dauern ein Leben lang, deshalb ist es gut, einen Reserveschlüssel zu behalten, für alle Fälle …)
Schweigend zeugen die noch bestehenden historischen Denkmäler von der Geschichte des Ortes. Der Komplex der Albanischen Liga von Prizren, zu welchem das Haus der Liga und das Museum gehören, erinnert an die vielleicht grösste panalbanische Bewegung zu Anfang des vergangenen Jahrhunderts, deren Ziel es war, die albanischen Gebiete vor der Zerstückelung zu bewahren. Von dort führt der Weg zum Hamam (Bad) von Gazi Mehmet Pascha, zum Uhrturm und zum Ethnologischen Museum, Orte, die dich in eine andere Zeit zurückversetzen, nostalgisch und garantiert ohne dich auch nur eine Spur zu langweilen.
Auf dem Hügel über dem Lumbardh erblickst du die Mauern der alten Burg, die wie ein steinerner Wächter über der Stadt thront. Doch bevor du den engen und steilen Weg zur Burg hinauf unter die Füsse nimmst, ist es ratsam, dich zum Mittagessen in einem der Restaurants mit traditioneller Küche niederzulassen, und dabei weder das Buttermilchgetränk – hier auch Ajran genannt – zu Beginn noch die Tullumba – eine frittierte Süssigkeit – zum Dessert zu überspringen. Der Duft von Köfte und anderen Gerichten lockt dich verführerisch von der Strasse weg und du setzst dich an einen der Tische am Flussufer. Eines ist gewiss, in Prizren ist noch nie jemand hungrig geblieben oder vom Essen enttäuscht worden. Nun ist es Zeit, sich zur Burg aufzumachen, doch wieso dich nicht zuvor, wie es der Brauch hier will, in eines der alteingesessenen Teelokale gegenüber der Sinan-Pascha-Moschee begeben für einen traditionellen Çaj, serviert mit Zucker, Zitrone und einem Lächeln.
Der Weg über den steilen Hang zur Burg hinauf, im Sommer von grünem Gebüsch umwuchert, führt dich langsam weg von den Geräuschen der Stadt und der Menschen. Und stehst du erst einmal im alten Gemäuer und bist auf eine der Schutzmauern der Burg gestiegen, wiederholt sich das Wunder von vorher: Vor dir erscheint die ganze Stadt, wie eine reich mit Leckereien bedeckte Tafel, arglos und offenherzig. Du holst tief Atem, setzst dich im Schneidersitz auf die von der Sonne noch warmen Steine, und siehst zu wie die Ziegeldächer allmählich im bernsteinfarbenen Dunkel verschwinden. Die Dämmerung senkt sich langsam nieder und die Sonne taucht ein in die Häuser der Skyline, wie ein Ball, nachlässig an den Horizont geworfen…
Prizren als Kunst – und Kulturstadt
Seit dem Jahr 2000 bis heute kam es in Prizren zu einer deutlichen Wiederbelebung des kulturellen Lebens, und zwar so ausgeprägt, dass die Stadt ruhig “Stadt der Festivals” genannt werden darf. Die zahlreichen Festivals, die vor allem im Sommer stattfinden, bringen Menschen aus Kosova, den Nachbarländern und der ganzen Welt nach Prizren. Das bekannteste Festival ist das Internationale Dokumentar- und Kurzfilmfestival, kurz DokuFest. Dieses Jahr wird das 16. DokuFest seine Tore für alle Filmliebhaber vom 8. bis zum 16. August öffnen. Die Filme werden im Kino am Fluss, dem Kino Lumbardh und anderen einzigartigen Kinos gezeigt, wodurch sie schöner als sonstwo auf der Welt erscheinen.
Weiter gibt es das Musikfestival NgomFest (Hörmirzu-Fest) vom 30. Juli bis zum 2. August 2015, das Festival des Pneupaddelns auf dem Lumbardh, das BunarFest, etc.
Diese und viele weiteren kulturellen Veranstaltungen mildern tagsüber etwas die Prizrener Hitze und beleben die Sommernächte bis in die frühen Morgenstunden. Die zahlreichen Bars und Cafés in der Stadt machen die Abenddämmerung zu einem besonderen Erlebnis; zu den am meisten besuchten Cafés gehören etwa das Kafiç, das Barcode, das Çarshia und andere.
Alles kann während eines Sommers in Prizren geschehen, aber Langeweile ist unmöglich…
Eine Stadt für alle
Als Stadt der mehr als 40 Minarette bekannt (zu den berühmtesten Moscheen zählen die Bajrak-Moschee, die Sinan-Pascha-Moschee, die Emin-Pascha-Moschee und die Kuklibeg-Moschee), birgt Prizren auch die Kathedrale Unserer Lieben Frau von der immerwährenden Hilfe (Kisha e Zonjës Ndihmëtare), die orthodoxe Kirche des Heiligen Georg (Shën Gjergj), den antiken dardanischen Tempel, der unter den beiden Namen Kirche des Heiligen Freitags und Moschee des Heiligen Freitags bekannt ist (da er zu verschiedenen Zeiten als orthodoxe Kirche aber auch als Moschee diente), Teken und andere Kultstätten. Das Zusammenleben der Bevölkerungsgruppen Prizrens gestaltet sich vollkommen harmonisch, gerade so wie sich die Schatten der Minarette und der Glockentürme berühren.
Die Bevölkerung dieser Stadt lebt, auch wenn sie verschiedenen Religionen und Ethnien angehört, in Frieden miteinander und alle trinken täglich ihren morgendlichen Kaffee in den kleinen Prizrener Cafés. Keiner, der käme und sich nicht wohl fühlte unter diesem Himmelszelt, das sich der verschiedenen Kulturen und Sprachen gewohnt ist.
***
“Wer einmal vom Wasser des Springbrunnens getrunken hat, verlässt Prizren nicht mehr.” So will es die Legende, auf deren Spuren stösst, wer sich auf den Weg durch die engen Gassen der Stadt begibt.
Und wirklich blieben manche, die kamen und ihren Durst löschten, Prizren für immer verbunden; andere gingen wieder und kehrten nicht zurück. Niemand weiss weshalb, aber eines ist sicher, nie ist es zu spät für eine Rückkehr, für eine erfrischende Sommerbrise in der Prizrener Dämmerung…
Ähnliche Artikel
Weitere aus Nachrichten
E-Diaspora
-
Albanischer Ärzteverband Schweiz startet Mentorenprogramm für Nachwuchsärzte Der Präsident des Albanischen Ärzteverbands der Schweiz, Dr. med. Mentor Bilali, hat konkrete Pläne, den Verband...
-
Die Helvetier empfangen die Dardaner in Bern
-
Shasime Osmani tritt als albanische und migrantische Stimme für die SP im Berner Stadtrat an
-
Fotoausstellung “Realities of War: Kosova’s Quest for Liberation”
-
Die Diplomatische Kunst von Shuk Orani: Eine strategische kulturelle Initiative in der internationalen Diplomatie
Leben in der Schweiz
-
UN Tourism zeichnet Romoos und Splügen als «Beste Tourismusdörfer» aus Damit kann sich der Schweizer Tourismus bereits über insgesamt 9 Dörfer mit diesem Label erfreuen...
-
Albanischer Ärzteverband Schweiz startet Mentorenprogramm für Nachwuchsärzte
-
25 Jahre SWISSCOY: Jahresrapport Kompetenzzentrum SWISSINT
-
Die Schweiz lanciert ein Projekt zur Senkung der Mütter- und Kindersterblichkeit in der DRK
-
Shasime Osmani tritt als albanische und migrantische Stimme für die SP im Berner Stadtrat an