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Gewalt bei Jugendlichen als Folge von Vernachlässigung
Zum Thema „Unter welchen gesellschaftlichen Bedingungen entsteht Gewalt bei Jugendlichen und in der Familie?“ referierten Hava Shala und Enver Osmani
Letzten Samstag fand der vierte und letzte Abend in der Reihe von Informationsveranstaltungen statt, die Parandalo dieses Jahr durchführte. Parandalo – was deutsch etwa „Prävention“ bedeutet – ist ein Verein mit Sitz in Zürich.
Das Thema des Abends trug den Titel „Unter welchen gesellschaftlichen Bedingungen entsteht Gewalt bei Jugendlichen und in der Familie?“ und stiess auf grosses Interesse.
Als Referentin und Referent für den Abend waren Hava Shala, bekannte Aktivistin, interkulturelle Vermittlerin und Beraterin an der Fachstelle Integration Winterthur, und Enver Osmani, Pädagoge und Soziologe aus Zürich, geladen.
Zu Beginn erklärte Enver Osmani grundlegend und aus soziologischer Sicht, welche Arten von Gewalt es in einer Gesellschaft geben kann. So gibt es etwa eine expressive, eine instrumentelle und eine personale Gewalt. Er sprach auch über die Ursachen von Gewalt und die Folgen von Gewalt in der Familie, in der Schule und andernorts.
Ausführlich sprach Osmani über Gewalt von Jugendlichen in Schulen und im öffentlichen Raum. Diese sei eine Erscheinung, die es auch früher schon gegeben habe, jedoch nicht wie im jetzigen Ausmass, wo sie in den Medien und den betreffenden Institutionen zu einem Diskussionsthema geworden sei.
Gewalt unter Jugendlichen ist für diese „ein Kommunikationsmittel“
Gewalt unter Jugendlichen ist, wie Osmani ausführte, „ein Trend und dient als modernes Kommunikationsmittel“. Er ging anschliessend auf die verschiedenen Methoden zur Prävention von Jugendgewalt und auf den Umgang mit dieser durch Eltern wie auch Unterrichtende in den Schulen und anderen Institutionen ein.
Hava Shala mit ihrer langjährigen Erfahrung als Beraterin eröffnete ihren Beitrag mit der Frage: „Wann wird Gewalt als Gewalt und wann wird Gewalt nicht als Gewalt bezeichnet?“ Sie brachte dazu viele konkrete Beispiele aus Kosova und aus der Schweiz. Sie verglich die Ansichten miteinander, je nachdem welche Faktoren sie als Ursache für ein solches Verhalten beziehungsweise solche Gewalt bezeichnen.
Gemäss Shala tragen alle Menschen Belastungen und Erfahrungen des Lebens mit sich. „Diese kann man sich vorstellen wie eine Tasche voller Codes, Regeln, Erfahrungen, familiärer und gesellschaftlicher Erziehung, die direkt auf unser Verhalten im Alltag einwirken. Die im Lauf des Lebens erlebte Gewalt, sei sie physischer, psychischer, emotionaler, ethnischer, sozialer oder geschlechtlicher Natur, ist unter Umständen ein Faktor, der auf unser Verhalten einwirkt, denn sie ist Modell und Norm, mit welchen wir erzogen wurden und aufwuchsen, und ein anderes Modell kennen wir nicht. Es sind Modelle, die oft in Widerspruch geraten mit den Lebens- und Gesellschaftsmodellen der Länder, in welche wir auswanderten und in welchen wir heute leben“, sagte Hava Shala.
Albanische Jugendliche erhalten sehr wenig Unterstützung von ihren Eltern
Sie begründete die Gewalt von Jugendlichen und „deren Schuld“ für dieses Phänomen mit den vielfältigen Belastungen, denen sie ausgesetzt sind, wie dem Erfolgsdruck und den hohen Anforderungen an sie, sowie mit verminderten Ressourcen, fehlenden Perspektiven und geringer Unterstützung durch die Eltern. Die Kinder albanischer und anderer Familien ausländischer Herkunft nutzen die Möglichkeiten, die ihnen die Schule und andere schweizerische Einrichtungen bieten – wie Kindergarten, Spielgruppe, Informationsabende im BIZ etc. – sehr wenig. Dies bewirkt bei albanischen Kindern nach Ansicht der Referentin ein Gefühl der Ungleichheit und Minderwertigkeit gegenüber schweizerischen Kindern, deren Familien diese Angebote ausgiebig nutzen.
Der Konflikt zwischen den Generationen und die unterschiedliche Wahrnehmung der Lebenswirklichkeit hier in der Schweiz führen oft zu Auseinandersetzungen in den Familien und zu Widersprüchen zwischen Kindern und Eltern. Letztere kamen einzig mit der Absicht in die Schweiz, hier zu arbeiten und dann zurückzukehren. Doch nun sind sie immer noch hier und sehen sich unerwarteten Herausforderungen gegenüber. Zu deren Überwindung brauchen sie Hilfe, die zu suchen bei den entsprechenden Einrichtungen sie nicht zögern sollten, sagte Hava Shala abschliessend.
Die Anwesenden hatten Gelegenheit, den beiden Referenten Fragen zu stellen und Themen vorzuschlagen, die ihre albanischsprachigen Landsleute in der Schweiz beschäftigen und die nach Möglichkeit nächstes Jahr in der Veranstaltungsreihe des Vereins Parandalo aufgegriffen werden könnten.
An der Diskussion beteiligten sich auch die Vizekonsulin der Republik Kosova in Bern, Ajmane Veseli, der Aktivist und Gewerkschafter Osman Osmani und andere.
Für ihre Teilnahme und ihr Engagement in der Diskussion dankte Valdete Hoti, Präsidentin von Parandalo, allen Anwesenden. Sie forderte das Publikum auf, sich zu den Themen zu engagieren, die den Verein und die Bevölkerung albanischsprachiger Herkunft allgemein beschäftigen.
Vjollca Popova
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