Frankreich 2016

Das brüderliche Spielfest überschattet von Beleidigungen albanischer Fans

Die albanische Nationalmannschaft verlor das Spiel gegen die Schweiz; es gab keine Zwischenfälle oder Zusammenstösse zwischen den Fangruppen. Im Gegenteil, es wurde ein Fussballfest gefeiert. Die Beleidigungen und die Pfiffe der albanischen Fans in Richtung Valon Behrami haben für viele Zuschauer jedoch einen faden Beigeschmack hinterlassen. Auch der Star des albanischen Fussballs, Xherdan Shaqiri, wurde ausgepfiffen.

 

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Die albanischen Fans, die am Tag vor dem Spiel in den Strassen von Lens ein sehr schönes Fest feierten, haben im Stadion selbst die Prüfung einer fairen Fangemeinschaft, die als Beispiel genommen werden kann, leider nicht bestanden. Zwei der exponiertesten Spieler der Schweizer Nati wurden, wie vor zwei Jahren, mit Schmähgesängen und -rufen beleidigt. Valon Behrami und Xherdan Shaqiri haben während 90 Minuten des Showdowns gegen das Team des Landes ihrer Eltern am 11. Juni in Lens gelitten.

Jedes Mal wenn Behrami am Ball war wurde er von Teilen der albanischen Fans beleidigt und ausgepfiffen. Xherdan Shaqiri ging es nicht besser. Albanische Fans haben das Tor von Shaqiri vor zwei Jahren in Luzern im Qualifikationsspiel für die WM 2014 nicht vergessen.

Die Fans haben also eine (banale) offene Rechnung mit den albanischstämmigen Spielern der Schweizer Nati. Und nicht weil sie provoziert, sondern nur weil sie sich für die Schweiz und nicht für Albanien spielen. Für ein Land, das – wie Behrami sagt – nie eine Einladung an sie geschickt hat. Teil der albanischen Fans sind zornig auf Behrami und Shaqiri, weil der erste bei einem Tor der Nati gegen Albanien frenetisch gefeiert und der zweite ein Tor geschossen hat. Auch wenn diese Geschichte schon zwei Jahre alt ist, haben sie “diese Erniedrigung” nicht vergessen.

Granit Xhaka wurde von den Fans “verschont”; vielleicht weil sein Bruder Taulant für die albanischen Nationalmannschaft spielt. Aber auch Xhemajli und Mehmedi – beide haben albanische Eltern aus Mazedonien – sind kein Ziel der Feindschaften der Fans, auch wenn ihr Spieleinsatz zeigt, dass sie sich keine Gedanken darüber zu machen schienen, dass sie gegen Albanien spielen.

Doch wer sind diese Fans, die Behrami und Shaqiri auspfeifen und beleidigen. Jeden, den wir ansprechen, will es nicht gewesen sein. Keiner äussert sich vor unserem Mikro. Doch alle Fans, die sich mit der albanischen Nationalmannschaft identifizieren, tragen zumindest die moralische Verantwortung für die unschönen Gesten von Teilen der albanischen Fangemeinschaft. Denn wenn man sich nicht distanziert, kann es heissen, dass man mit den unschönen Ereignissen stillschweigend einverstanden ist.

“Natürlich sind die Rufe und die Pfiffe nicht schön, aber es ist Fussball und keine Oper, oder etwa nicht”, sagt dann doch ein Fan in einem albanischen Trikot.

Dennoch ist die Anzahl der Fans, die das Verhalten von Teilen der albanischen Fans ablehnen, ist gross. Die Spieler der Nati mit albanischen Wurzeln geniessen hohen Respekt bei den Fans, die den Fussball nur als eine sportliche Auseinandersetzung sehen.

“Ich lehne dieses Verhalten ab. Die albanische Mannschaft hat ein gutes Spiel gemacht. Nur mit 10 Spielern keine weiteren Treffer zuzulassen und klare Chancen für eigene Treffer herauszuspielen, ist ein grosser Erfolg”, sagt Agim Binaku, ehemaliger Fussballer und Trainer von FC Besa von St.Gallen. “Die Nati-Spieler mit albanischen Wurzeln sind unsere Helden, sie sind die besten Botschafter unseres Landes”, so Binaku.

Auch unter den Journalisten und Beobachtern im albanischen Sprachraum wurde über die Ereignisse heftig diskutiert. Besonders in den sozialen Medien wurde eine hitzige Debatte geführt.

Der bekannte kosovarische Publizist Halil Matoshi entschuldigte sich öffentlich im Namen aller Kosovaren für die unschönen Rufe während des Spiels. “Valon Behrami, du bist ein Grosser. Solidarität mit dir”, schrieb Matoshi unter anderem in seinem Facebook-Profil.

Und der Schauspieler Fatmir Spahiu schrieb: “Valon Behrami, Granit Xhaka, Xherdan Shaqiri können nur diejenigen beschimpfen und auspfeiffen, die das Schicksal der Albaner  während der 1990er Jahren vergessen haben. Heute war ein grosses Fest”.

letemps5
Article paru dans « Le Temps », dans le cadre d’une opération commune avec « Albinfo.ch »