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Berufsberater entwickelt Berufswahl-App auf albanisch
Simon Schmid: "Auch die Eltern werden in den Berufswahlprozess mit dem Schweizer Bildungssystem eingeführt und dies in über 12 Sprachen inklusive Albanisch"
In einer Welt, in der sich alles schnell verändert, hat auch die Berufswahl Einfluss auf die digitale Revolution. Wie wirkt sich die Digitalisierung auf die Berufswahl aus? Simon Schmid, Experte in der Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung, gibt uns seine Ansichten darüber.
Albinfo.ch: Lieber Herr Schmid, was hat sich im Berufsfindung von früher verglichen zu heute verändert? Und was bedeuten diese Veränderungen für Eltern, die sprachlich nicht mit dem Schulwandel nachkommen?
Simon Schmid: «Die Berufswahl komme viel zu früh» sagen viele Leute und meinen damit, dass sich Jugendliche in diesem Alter noch nicht für einen Beruf oder einen schulischen Bildungsweg entscheiden können. Diese Aussage trifft vielleicht zu, wenn die Jugendlichen sich selbst überlassen werden und zu wenig Unterstützung durch Eltern und Schule erfahren. Die Berufswahl heute ist ein faszinierender und spannender Prozess in der Persönlichkeitsentwicklung eines Kindes. Die Berufswahl ist ein Familienprojekt, dass von den Schulen mitunterstützt wird. Die Verantwortung liegt bei den Eltern, denn diese leben ihren Kindern jeden Tag vor, wie sie zum eigenen Beruf und zur Arbeitswelt stehen, ob sie zufrieden sind und schlussendlich entschieden sie mit der Unterzeichnung des Lehrvertrags über die Zukunft ihres Kindes. Darum ist umso wichtiger, dass Eltern ihre Verantwortung als wichtigste Gesprächspartner wahrnehmen und sich in die Entscheidungsfindung der Jugendlichen frühzeitig einbringen.
Das Schweizerische Bildungssystem mag vielen Eltern mit Migrationshintergrund, beim ersten Eindruck, als kompliziert erscheinen. Eine etwas vertieftere Auseinandersetzung damit zeigt, dass es ungeahnte Möglichkeiten für die Jugendlichen und auch ihre Eltern bietet. So können die Jugendlichen ohne Druck ihre Schul- respektive Berufswahl gemäss den momentanen Neigungen und Fähigkeiten treffen. Und die Eltern erhalten die Gewissheit, dass jeder Ausbildungsabschluss mehrere Anschlusslösungen bietet. So lässt sich eine berufliche Laufbahn nach dem Motto: «Lebenslanges Lernen» schrittweise realisieren, ohne einem permanenten Leistungsdruck ausgesetzt zu sein. Eine gesunde Persönlichkeitsentwicklung ist damit sichergestellt.
Ich kenne mehrere Personen, welche in der Sek B oder C gestartet sind und heute im als Pilot im Cockpit bei der Swiss oder Helvetic sitzen. Mein Traumberuf war Erfinder. So reparierte ich in meiner Lehre Videorecorder und Fernsehgeräte um zu verstehen, wie Hightech-Geräte funktionieren. Dank der BMS konnte ich dann später Film studieren und arbeitete unter anderem fürs Schweizer Fernsehen und machte mich bald selbstständig. Heute bin Mitinhaber der Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung in Bülach und erfinde mit meinem Team das erste digitale Berufswahl-Lernmedium der Schweiz. Mit 14 Jahren hätte ich mir das nie vorstellen können. Doch ich konnte schrittweise darauf aufbauen.
Wichtig ist, dass die Eltern, spätestens ab der Oberstufe die angebotenen Lernmedien für die erste Berufswahl kennen und auch nutzen, damit die Berufswahl ihres Kindes zum erfolgreichen Berufswahlprojekt wird. Seit über 40 Jahren begleiten wir Jugendliche und ihre Eltern im Berufswahlprozess. Mit dem ersten digitalen Berufswahl-Lernmedium www.profolio.ch werden die Jugendlichen in motivierenden Challenges da abgeholt wo sie gerade im Berufswahlprozess stehen. Auch die Eltern werden in den Berufswahlprozess mit dem Schweizer Bildungssystem eingeführt und dies in über 12 Sprachen inklusive Albanisch. Zudem haben wir ein Youtube-Video speziell für Eltern erstellt, welches mehrsprachig untertitelt ist: https://www.youtube.com/watch?v=DoRJ2UoH9H8
Profolio.ch – Unterricht
albinfo.ch: Wie steht es um den Ruf von Bewerbungsdossier bei denen nicht Müller oder Meier draufsteht sondern andere Nachnamen? Kann man heute von mehr Chancengleichheit und einem besseren Ruf von SchülerInnen mit Migrationshintergrund reden oder ist alles wie vor 20 Jahren?
Simon Schmid: Matchentscheidend für eine erfolgreiche Bewerbung ist, dass die Jugendlichen wissen, wer sie sind, was sie können und was sie wollen! Damit diese drei W glaubhaft präsentiert werden können, ist es unabdingbar, dass sich die Jugendlichen, mit sich selbst und ihren Stärken auseinandergesetzt haben und in der Lage sind ihr Selbstbild mit Fremdbilder, wie etwa der Eltern, Lehrpersonen und auch ausserschulischen Bezugspersonen wie etwa der Fussballtrainerin oder Grossmutter, kritisch zu vergleichen und daraus die Basis für ihr Kurzportrait zu erstellen. Dies bedingt eine rechte Portion Arbeit an der eigenen Persönlichkeit, die Jugendliche mit entsprechender Unterstützung durch Eltern und Lehrpersonen gut leisten können.
In Profolio finden die Jugendlichen und alle weiteren beteiligten Gesprächspartner die dafür notwendigen Impulse, Übungen und Informationen. In einem zweiten Schritt geht es darum, dass sich die Jugendlichen mit der Bildungs- und Berufswelt vertieft beschäftigen. Wer sich einigermassen kennt, kann auch recht gut einen Filter über das weite Spektrum der Berufswelt legen und sich diejenigen Ausbildungen heraussuchen, die er oder sie näher kennen lernen möchte. Ziel ist es, seine Neigungen und Fähigkeiten mit den Anforderungen der Berufsausbildungen abzugleichen. Dafür stehen wiederum die entsprechenden Challenges im Berufswahl-Lernmedium zur Verfügung, damit das dritte W, Was will ich? nicht zum Zufallstreffer wird.
Bei beiden Schritten ist enorm wichtig, dass sich alle Vertrauenspersonen von den Jugendlichen befragen lassen und ihre Meinung in den entsprechenden Challenges einbringen. Dies gibt den Jugendlichen das nötige Selbstvertrauen für eine überzeugende Bewerbung. Dann gilt es nur noch das passende Format als Türöffner zu finden. Nicht immer muss dies schriftlich geschehen. Wir empfehlen ein Telefonat vorab oder gar einen persönlichen Besuch, wenn dies möglich ist. Wichtig ist es in der ersten Runde im Bewerbungsprozess aufzufallen und aus der Masse heraus zu leuchten. Dies kann ebenso gut mit einem Video, einer eigenen Website oder auf eine andere kreative Weise geschehen, in der der nicht geschriebene Namen sondern die Persönlichkeit im Vordergrund steht.
albinfo.ch: Können Sie uns von positiven Erfahrungen berichten, wo Schülerinnen und Schüler durch Ihre Arbeit zu Ihrem Traumstelle gefunden haben, obwohl es vielleicht schwierig schien?
Simon Schmid: Da fällt mir zum Beispiel ein Gymnasiast ein, der unbedingt Medizin studieren wollte. Leider hat er zweimal die Zulassungsprüfung (Numerus Clausus) fürs Medizinstudium nicht bestanden. So dass ihm nur noch der Weg an eine Hochschule im Ausland übrigblieb. Doch rasch merkte er, dass ihm das Studieren im Ausland nicht liegt und er wollte wieder zurück nach Zürich. Ich durfte ihn im Prozess begleiten, eine Alternative zu finden und so kam er auf das Pharmaziestudium an der ETH Zürich. Heute macht er seinen Master an der Harvard Medical School in Massachusetts.
(Autor: Driter Gjukaj)
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