Integration

Studienprojekt zur Integration der albanischsprachigen Bevölkerung auf dem europäischen Arbeitsmarkt

"Wir wollen die Erfahrungen der westbalkanischen Arbeitsmigranten hinsichtlich ihres Fortkommens in Fragen der Erwerbstätigkeit in den westeuropäischen Staaten erforschen"

Dr. Mimoza Dushi schloss ihr Doktoratsstudium in Bevölkerungsforschung an der Universität Prishtina ab. Zur Zeit befindet sie sich in einem Postdoktorandinnenstudium an der Universität Innsbruck. Sie forscht über Albaner im Ausland, in Westeuropa, genauer in der Schweiz und in Deutschland, um deren politische, gesellschaftliche, wirtschaftliche und ethnisch-identitäre Position zu verstehen, um einerseits ihr Leben, ihre Arbeit zu beurteilen, sowie auch um, andererseits, ihre Integration in die Aufnahmegesellschaft zu verstehen. Dieser Tage hält sie sich in Zürich auf und albinfo.ch freut sich über die Gelegenheit für das folgende Gespräch.

albinfo.ch: Frau Mimoza Dushi, vielen Dank, dass Sie zu diesem Gespräch mit unserem Portal albinfo.ch bereit waren.

Mimoza Dushi: Der Dank gebührt Ihnen, dass Sie mir Gelegenheit geben, mich in Ihrem Medium und so auch zu all unseren Landsleuten in der Schweiz äussern zu können. Mehr noch, Sie bieten mir Gelegenheit, Ihre Leserinnen und Leser über unsere akademische Tätigkeit zu informieren. Danke!

Was können Sie über Ihren ersten Besuch in der Schweiz sagen?

Mimoza Dushi:Ja, dies ist mein erster Besuch in der Schweiz in der Rolle als Forscherin. Ich gehöre einer Arbeitsgruppe an, die Art und Weise der Entwicklung der Arbeitsmigration in den Ländern der Europäischen Gemeinschaft untersucht. Zur Zeit studieren wir die albanischen Emigranten, die aus Albanien und Kosova in Richtung Deutschland, Schweiz und Griechenland (im Falle Albaniens) auswandern. Da unsere Forschungsarbeit von ihrer Natur her direkt mit den Emigranten zu tun hat, übernahm ich die Verantwortung für die Feldarbeit in der Schweiz. Diesmal werde ich mich in Zürich aufhalten, obwohl die Feldarbeit nicht zwingend mit dieser Stadt verbunden ist. Doch meines Wissens lebt hier die die grösste Anzahl Albanischsprachiger.

Welche Forschungsmethode wählten Sie?

Mimoza Dushi: Wir arbeiten mit Interviews, um Migrationserfahrungen direkt von den Ausgewanderten zu erhalten. Für die Auswahl der Personen, mit welchen wir ein Gespräch führen wollen, brauchte es eine gewisse Vorarbeit. Während dieser Phase meiner Arbeit traf ich auf eine grosse Bereitschaft und Gastfreundschaft von Seiten meiner Landsleute. Auch jetzt wo ich hier bin, erlebe ich diese aus der Nähe.

Können Sie uns eine detailliertere Beschreibung Ihres Forschungsprojekts geben?

Mimoza Dushi: Wir wollen die Erfahrungen bezüglich des Fortkommens in Fragen der Erwerbstätigkeit der Arbeitsmigranten, die aus dem Westbalkan in die Europäische Gemeinschaft kommen, erforschen. Der englische Begriff “industrial citizenship” bezieht sich auf die Errungenschaften und die Integration der Migranten in den Arbeitsmarkt. Wir fokussieren auf die Erfahrungen der Emigranten und wollen versuchen, ihre Ziele und Strategien so wie auch die Art und Weise, wie sie selbst von der Migration profitieren, zu verstehen. Zur Zeit arbeiten wir mit albanischen Auswanderern, die in die dem Projekt entsprechenden Richtungen emigrieren, und gleichzeitig widmen wir unsere Aufmerksamkeit auch der Rückkehr der Emigrantinnen in die Herkunftsländer. In Anbetracht dessen, dass es das Ziel der Balkanländer ist, der EU beizutreten, gehört es auch zum Projektziel, diese Integration aus Sicht der Migranten selbst anzuschauen. Es sollen die Beziehungen zwischen der Staatsangehörigkeit, der Territorialität und den Staaten untersucht werden, wobei der Rechtsschutz, der Aufbau von Identität und das Wahrnehmen von Beteiligungsmöglichkeiten im Blickpunkt stehen.

Das Projekt umfasst Interviews mit Emigrierten und mit Fachleuten. Ich erwähnte bereits, dass wir vermittels biographischen Interviews mit Ausgewanderten zu Wissen über ihre Migrationserfahrungen, insbesondere über ihre Integration in den Arbeitsmarkt gelangen. Über Interviews mit Fachleuten, Personen in Behörden, die in Abteilungen arbeiten oder solche leiten, die Migranten betreffen, und über Gespräche mit Gewerkschaftsvertreterinnen und Leuten anderer Organisationen erhalten wir Informationen über die Rechte der Migranten und ihren Schutz auf dem Arbeitsmarkt.

Ein Teil der Feldarbeit soll auch in jenen Ländern durchgeführt werden, in welchen die Emigrantinnen leben, um aus der Nähe zu sehen, was sie erreicht haben, ihr Leben und ihre Anliegen kennenzulernen. In den Sommerferien dann erwarten wir Sie gerne in unseren Herkunftsländern, wo die dritte und letzte Phase der Feldarbeit stattfinden wird.

Wer finanziert das Projekt?

Mimoza Dushi: Das Projekt wird von der Universität Freiburg (Schweiz) finanziert. Es wird von der Universität “New York” in Tirana und der Universität Prishtina realisiert, während das Monitoring bei der Universität Jyvaskule in Finnland liegt.

Sie hatten ja zuerst Kontakte mit Auswanderinnen im Heimatland und danach unmittelbar in deren Lebenswelt hier in der Schweiz. Was charakterisiert heute das Leben albanischsprachiger Migranten in der Schweiz?

Mimoza Dushi: Allgemein stellte ich fest, dass unsere Sprache überall gesprochen wird, überall traf ich auf Gastfreundschaft und herzliche Wärme. Aufgefallen ist mir, dass Albanerinnen und Albaner Migration und Integration verschieden wahrnehmen, je nach dem, woher sie stammen. Das unterscheidet sie, immer im Kontext ihrer Emigrationsmotive und der Ziele, die sie erreichen wollen, ein wenig voneinander.

Wie schätzen Sie heute die Rolle der albanischen Diaspora im europäischen Integrationsprozess ein?

Mimoza Dushi: Ich denke, die Diaspora ist unersetzlich. Die Emigrantinnen und Emigranten sind die besten Botschafter unserer Länder. Eure Arbeit, euer Einsatz am Arbeitsplatz, Pünktlichkeit und korrektes Verhalten bei der Arbeit, wie auch die Kultur und die starke Verbindung mit den Herkunftsländern sind nach meiner Auffassung die ersten Schritte, die uns in Richtung europäische Integration tragen. An eurem Beispiel konnte die westliche Welt die wahren Werte der albanischsprachigen Bevölkerung sehen und das öffnet uns den Weg zur Aufnahme in die Gruppe der EU-Staaten. Zudem denke ich, dass heute eine engere Zusammenarbeit zwischen unseren Regierungen und unserer Diaspora noch notwendiger geworden ist. Unsere Diaspora befindet sich in Veränderung. Die zweite und die dritte Generation unserer Migrantinnen befassen sich sehr viel mehr mit Bildung und beruflichen Leistungen und sie sind recht erfolgreich. Diese Leute sollten meiner Meinung nach von Seiten unserer Staaten mehr “genutzt” werden, denn mit ihren Erfahrungen und Kontakten mit Menschen auf verschiedenen Ebenen in den europäischen Ländern können sie eine schnellere Integration in Europa beeinflussen. Und ich glaube, dass es in diesen Generationen nicht wenige Menschen gibt, die bereit sind, für ihre Länder zu lobbyieren und gleichzeitig Wissen weiterzugeben. Und dies zweifellos in allen Lebensbereichen. Erlauben Sie mir zum Schluss, dieses Gespräch zum Anlass zu nehmen, die offizielle Webseite des Projekts bekanntzugeben, wo unsere Aktivitäten, die bisherigen Ergebnisse und Publikationen rund um das Projekt veröffentlicht werden. Sie können alles online unter folgender Adresse verfolgen:http://icm-westernbalkans.com/project-description-2/