Sprachen
Sprachliche Probleme im zweisprachig albanisch-französischen Milieu
Durch den ergänzenden Unterricht in albanischer Sprache wird die Entwicklung einer albanisch-französischen Zweisprachigkeit ermöglicht, die Teil der gesprochenen wie der geschriebenen Sprachkultur ist.
Eine zahlenmässig bedeutende Gruppe der albanischsprachigen Bevölkerung der Schweiz lebt im Kanton Jura, einem multiethnischen und vielsprachigen Gebiet, wo sich schon immer Bevölkerungen, Sprachen und Kulturen begegneten. Dieses geeignete Umfeld und die lebendige jurassische Demokratie führen dazu, dass im Jura Sprache, Herkunft und Kultur der zugewanderten Bewohner respektiert werden, so auch diejenige der Albaner.
Durch den ergänzenden Unterricht in albanischer Sprache wird die Entwicklung einer albanisch-französischen Zweisprachigkeit ermöglicht, die Teil der gesprochenen wie der geschriebenen Sprachkultur ist. Die Schüler, die den Albanischunterricht besuchen, kommen mehrheitlich aus einsprachig albanischen Familien, d.h. Familien, in welchen beide Eltern albanisch sind.
Ehen zwischen Albanern und Angehörigen anderer ethnischen Gruppen werden häufiger, es gibt auch Schüler aus zweisprachigen Familien mit gemischten Eltern, meistens bestehen solche Elternpaare aus albanischen Vätern und schweizerischen Müttern, aber es kommen auch italienische, spanische Mütter etc. vor. In letzter Zeit gibt es Schülerinnen mit schweizerischen Vätern und albanischen Müttern. Manchmal ist das Kind dreisprachig, die Muttersprache ist etwa italienisch, die Sprache des Vaters Albanisch und die Schulsprache Französisch.
Auf der einen Seite haben wir die albanische Sprache, nennen wir sie Erstsprache (L1) oder Muttersprache, da sie chronologisch der Zweitsprache vorausgeht. Das Französische seinerseits, die Zweitsprache (L2), die auf höchster sprachlicher Ausdrucksebene gepflegt und angewendet wird, wird zur Hauptsprache und lässt das Albanische als Zweitsprache hinter sich. Die Kenntnisse in der albanischen Muttersprache und die Französischkenntnisse haben je ihre eigene Bedeutung bei der Entstehung der bikulturellen und zweisprachigen Identität der Schulkinder, die in dieser Realität leben.
Von der geographischen Verbreitung her umfassen die Mundarten der Schulkinder im Jura jene aus der Ebene von Kosova, insbesondere der Anamorava, jene der Moravica, Preshevë und Medvegjë, und jene der Dukagjin-Ebene mit den Mundarten von Deçan und Pejë. Ein Teil der Kinder spricht die Mundart von Tetova. Obwohl die gegischen Mundarten sich nicht stark von einander unterscheiden, zeichnen sie sich doch durch gewisse Einzelheiten aus. Es ist eine Vermischung der Dialekte feststellbar, jedoch mit einer Orientierung hin zur Standardsprache, und gleichzeitig sieht sich das Albanische auch dem Einfluss des Französischen ausgesetzt. Die albanische Sprachkompetenz der Schüler ist sehr unterschiedlich: Kinder mit hoher Sprachkompetenz im gesprochenen Albanisch, die von den Grosseltern betreut werden und von gebildeten Eltern stammen. Kinder, die die Kindheit in Krippen der Aufnahmegesellschaft verbracht haben und über eine weniger hohe albanische Sprachkompetenz verfügen, oft mit mangelhafter Aussprache bestimmter Laute der des Albanischen. Kinder mit einem beschränkten Vokabular in ihrer lokalen Mundart, mit einigen archaischen Ausdrücken, jedoch Präsenz von Wörtern aus dem Französischen.
Zwei Sprachen zu sprechen bedeutet eine Bereicherung von Bildung und Kultur. Je mehr Sprachen ein Mensch kann, desto wertvoller. Der ergänzende Unterricht hilft den Schülerinnen beim Erlernen der albanischen Sprache, hilft ihnen die Kommunikation mit Eltern, Verwandten und anderen auszubauen. Wollen die albanischen Kinder im ergänzenden Unterricht die sprachliche Tiefenstruktur zu erfassen versuchen, erleichtern ihnen dies auch jene Elemente, bei welchen Französisch und Albanisch in der Oberflächenstruktur übereinstimmen, und gleichzeitig werden sie sich auch aller Diskrepanzen bewusst.
Die Lehrerinnen sollten die Ursachen der sprachlichen Fehler der Kinder im zweisprachigen Umfeld im Voraus erkennen und verstehen. Dazu muss ein Lehrer nicht nur Kenntnisse in Phonetik und Grammatik des Französischen besitzen, sondern sich auch in einem zweisprachigen Handbuch oder albanisch-französischen Wörterbuch Rat holen.
Als Resultat des Sprachkontakts gehen Elemente des französischen ins albanische Sprachsystem über und Interferenzen können zu verschiedenen sprachlichen Fehlern bei den Kindern führen. Es lohnt sich, vorgängig einen Vergleich auf der phonetischen Ebene und jener der gesprochenen Sprache zu machen, um jene Eigenschaften aufzuzeigen, die zu Interferenzen und dem Vermeiden albanischer Elemente führen.
Eines der Probleme beim Erlernen der Literatursprache besteht im Dialekt oder der Mundart der familiären Herkunft. Die gesprochene Sprache, so wie sie von den andern ausgesprochen wird, ist die erste Grundlage für das lernende Kind. Es kann beispielsweise zu einer Vereinfachung der schriftsprachlichen Wörter des Albanischen kommen, zum Beispiel für „krehër“ (dt.: Kamm) „krani“, für „mprehëse“(dt.: Spitzer) „prese“, für „shtëpi“ (dt.: Haus) „shpi“, etc. Ein Problem für sich bilden jene Laute der albanischen Sprache, die das Französische nicht hat. Im Folgenden einige Fehler im Zusammenhang mit dem albanischen Vokal ë, der dem französischen Vokal e (sogenanntes „e muet“) entspricht: Beim Personalpronomen der ersten Person Plural wie in “ne jemi“ (dt.: wir sind) kommt es zu einem fehlerhaften Gebrauch „në jemi“. Auch der Vokal y wird falsch ausgesprochen, nämlich als i: Das albanische Wort „ylli“ (dt.: der Stern) wird als „ili“, „ylberi“ (dt.: der Regenbogen) als “ilberi“ ausgesprochen. Andere Fehler ergeben sich im Zusammenhang mit der französischen Präposition „en“, die dem albanischen „në“ entspricht, zum Beispiel: „Unë isha në shtëpi“ wird zu „unë isha en shpi, detyrat i baj en shkollë“ (dt.: Ich war zu Hause, die Aufgaben mache ich in der Schule), während in Fällen, wo auf das a ein n folgt wie im Wort „anglisht“ (dt.: englisch) die Aussprache immer zu einem „englisht“ wird. Probleme gibt es auch bei der Aussprache der Doppelbuchstaben des albanischen Alphabetes, die das Französische nicht hat, also dh, gj, ll nj, rr,sh, th, xh, zh, sowie auch bei den Lauten ç und x, so wird etwa „nxënës“ (dt.: Schüler) zu „nxhansa“, „vallëzim“ (dt.: Tanz) zu „valëzim“, „çadër“ (dt.: Schirm) zu „shader“. Fehler verursacht auch der Laut h wie in “hunda“ (dt.: die Nase), das zu „una“ wird, oder in „e hënë“ (dt.: Montag), das zu „e anë“ wird.
Der Einfluss des Französischen muss auch beim Umfang des Vokabulars oder des aktiven Vokabulars der Schulkinder berücksichtigt werden. Im alltäglichen Sprachgebrauch der Kinder tauchen französische Wörter als Ersatz für das jeweilige albanische auf. Oft sind es Wörter aus der albanischen Mundart, die dazu neigen, durch französische Wörter ersetzt zu werden. Wörter aus dem Französischen passen sich den Regeln des Albanischen an, zum Beispiel „mos me melanzhiu“ für „mos me përzi“ (dt.: nicht mischen), „kam nejt në kuluar“ für „kam nejt në koridor“ (dt.: ich hielt mich auf dem Gang auf), „Mami ban gjimdans“ für „Mami ban gjimnastikë vallëzimi” (dt.: Mami macht Tanzgymnastik), etc. Die grosse Anzahl der Entlehnungen aus dem Französischen zeigt sich bei den Bezeichnungen für Lebensmittel: „frita, lozanje, suseti, kruasone, krokmësi“ (dt. u.a.: Pommes frites, Lasagne, Gipfeli, Schinkenkäsetoast). Früchtenamen wie: „orangja“ und „oranzhina“, „rizeni“ und „rize“. Bezeichnungen aus dem Schulalltag: „karneti“ für „bllok shënimesh“ (dt.: Notizblock), „regla“ für „vizore“ (Lineal), „kazje“ für „dolap librash“ (dt.: Bücherschrank), etc. Bezeichnungen für Körperteile: „teti“ (dt. „der Kopf“, gebildet aus dem frz. tête mit angehängtem albanischen bestimmten männlichen Artikel –i), „gorzhi“ (dt. „der Hals, die Gurgel“, aus frz. gorge plus alb. Artikel), „zhnuni“ (dt. „das Knie“, aus frz. genou plus alb. Art.), „sirsili“ (dt. „die Augenbraue“, aus frz. sourcil plus alb. Art.), etc. Zu den Entlehnungen ist zu erwähnen, dass sie schwierig festzustellen sind, da ein Wort oft in zwei, drei verschiedenen Formen vorkommt: „papioni, papijona, papijanat“ für „flutura“ (dt.: Schmetterling), „cullorat“ für „ngjyrat“ (dt.: die Farben), und „me collorat“ (dt. „färben“ aus frz. colorer).
Fehler entstehen auch bei den albanischen Adjektiven mit Gelenkartikeln (i, e, të), manchmal werden i, e, të gar nicht gesetzt.
Es zeigt sich umgekehrt auch ein Einfluss des Albanischen auf das Französische bei im Albanischen verwendeten französischen Adjektiven, die mit Gelenkartikeln versehen werden, wo also ein i oder e vorangestellt wird. Einige Besipiele: „boja e nouart“ (frz. noir) für „ngjyra e zezë“ (dt.: die schwarze Farbe), „ajo ka fustanin e court“ (dt.: sie trägt ein kurzes Kleid; Verwendung des frz. Adjektiv court, dem ein albanischer Gelenkartikel e vorangestellt wird). Oder die Voranstellung des albanischen Objektzeichens e vor ein französisches Verb wie in „du me e efase“ (frz. effacer ) für „dua të fshij“ (dt.: ich will wegputzen).
Im Albanischen wird die Präposition te (dt.: bei, an, am) mit einem Substantiv im Nominativ verwendet, um so den Ort oder die Sache anzugeben, wo oder bei welchem sich jemand oder etwas befindet oder wo eine Handlung stattfindet, zum Beispiel „te shtëpia, te dritarja“ (dt.: zu Hause, beim Fenster) etc. Den französischen Substantiven wird die Präposition te, manchmal ke beigefügt. Wir hören Ausdrücke wie: „Babi asht te la gari“ (dt. „Papi ist am Bahnhof“, gebildet aus frz. la gare, vorangestellter alb. Präposition te und hintangefügtem alb. Artikel –i) oder „babi më pret ke gari“ (dt.: Papi erwartet mich am Bahnhof), etc.
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